Der Präsident des Bundesverbands deutscher Banken (BdB), Christian Sewing, rechnet für die kommenden Jahre nicht damit, dass die Inflation wieder auf das niedrige Niveau der Jahre vor der Corona-Pandemie sinken wird. „Beim Inflationstrend erleben wir gerade einen ‚Etagenwechsel‘, also von Inflationsraten unter zwei Prozent im vergangenen Jahrzehnt zu Raten von voraussichtlich 2,5 bis drei Prozent in den nächsten Jahren“, sagte Sewing den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Donnerstagsausgaben).
Zwar werde die aktuell sehr hohe Inflationsrate im kommenden Jahr allein aufgrund von statistischen Effekten wieder etwas sinken. Aber es gebe gleich mehrere Faktoren, die auch längerfristig die Preise treiben werden. „Darunter der demografisch bedingte Fachkräftemangel oder der Umbau der Wirtschaft in Richtung Nachhaltigkeit“, sagte Sewing, der auch Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank ist.
Hinzu käme die Neujustierung der globalen Lieferketten. Zudem könnte mehr mobiles Arbeiten mancherorts die Gehälter in die Höhe treiben, weil auch Mittelständler in der deutschen Provinz plötzlich mit Jobs bei Großunternehmen aus den Metropolen konkurrieren müssten, sagte der BdB-Präsident den Funke-Zeitungen.
Für das kommende Jahr erwartet Sewing ein Wirtschaftswachstum von rund vier Prozent. „Auch wenn der Start schwierig wird, sollten die wirtschaftlichen Belastungen durch die Pandemie im Frühjahr wieder nachlassen“, sagte er. Die derzeitigen Lieferengpässe dürften ebenfalls im Jahresverlauf nachlassen. „Das hohe Auftragspolster der Industrie bietet dann die Grundlage für eine recht dynamische Erholung im Sommer und Herbst nächsten Jahres.“
Mit seiner Prognose schloss sich der BdB den Vorhersagen der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute in Deutschland wie des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), des Ifo-Instituts in München und des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) an. Im BdB sind die privaten Geldinstitute organisiert.
Die Inflationsrate in Deutschland lag im November laut Zahlen des Statistischen Bundesamts 5,2 Prozent über dem Vorjahresmonat. Preistreiber sind dabei vor allem Heizöl und Kraftstoffe, aber auch Nahrungsmittel.