Der organisierte Kölner Karneval hat harsche Kritik an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) geübt. Es sei „schade, wie wenig Sie als Rheinländer über den Karneval wissen“, hieß es in einem offenen Brief des Festkomitees Kölner Karneval an den Minister vom Freitag. „Sonst würden Sie sich nicht öffentlich eine Verlegung der Karnevalsaktivitäten in den Sommer wünschen.“ Lauterbach reagierte per Kurznachricht.
Der Karneval sei „ein Fest im Jahreskreislauf wie Weihnachten oder Ostern“. „Niemand würde ernsthaft fordern, alle weihnachtlichen Feiern vom Weihnachtsmarkt über die Christmette bis zu den Treffen im Familienkreis auf den Sommer zu verlegen – selbst in Pandemiezeiten nicht“, erklärte das Festkomitee.
Der rheinische Karneval sei „zu Recht“ als immaterielles Kulturgut der Bundesrepublik anerkannt, „denn unser Brauchtum besteht eben aus viel mehr als wilden Partys und zügellosem Alkoholkonsum“. Dass dies nicht zur Pandemielage passe, sei „völlig unstrittig“. „Aber der Karneval gibt den Menschen auch Hoffnung und Zuversicht.“
„Wir wollen gerade nicht um jeden Preis feiern“, erklärte das Festkomitee. Der Schutz der Gesundheit gehe vor – das hätten die Karnevalisten in den vergangenen Monaten etliche Male bewiesen. Und auch in der aktuellen Session übernähmen die Vereine Verantwortung und sagten freiwillig ihre Karnevalssitzungen ab.
Der organisierte Karneval versuche dabei gerade nicht, sich „durchzulavieren“. Vielmehr bemühten sich die Vereine, „dort Orientierung zu geben, wo die Politik es leider versäumt, klare Regeln zu formulieren“. Sie stellten etwa selbst frühzeitig Regeln auf und beteiligten sich auch an der Impfkampagne.
Lauterbach ignoriere dies und werfe „Bilder von einer Partymeile am 11.11., die mit Karneval nichts zu tun hat, mit hervorragend ehrenamtlich organisierten Veranstaltungen in der Innenstadt in einen Topf“. Er tue so, „als seien alle Kölner Karnevalisten unbelehrbare Corona-Leugner“.
„Das sind wir nicht“, stellte das Festkomitee klar und forderte „einen respektvollen Umgang“ ein. Nötig seien „keine weiteren moralischen Appelle, sondern eine klare Haltung und Unterstützung“ für pleitebedrohte Beteiligte. „Kommen Sie aus dem Talkshowmodus heraus und agieren Sie wie ein Minister“, forderte das Festkomitee.
Lauterbach reagierte am Samstag auf die Vorwürfe. „Auch mir ist der Karneval in Köln sehr wichtig – besonders das Leben der Feiernden“, schrieb er bei Twitter. Vereine müssten auch planen können. Es drohe aber durch die Omikron-Variante des Coronavirus eine so massive Welle, dass Karneval unter 2G-Bedingungen „wahrscheinlich nicht sicher genug ist“.
In Nordrhein-Westfalen hatten sich Karnevalsvertreter Mitte Dezember mit der Landesregierung darauf geeinigt, Sitzungen und Veranstaltungen in Innenräumen freiwillig abzusagen. Streit gab es allerdings, weil die Düsseldorfer Karnevalisten bei der Entscheidung nicht mit am Tisch saßen.
Diese wiederum hatten bereits im November entschieden, ihren Rosenmontagszug im kommenden Jahr auf Mai zu verschieben. Aus den anderen Karnevalshochburgen hagelte es danach Kritik an der Verschiebung und dem Alleingang. In Rheinland-Pfalz wurde der Mainzer Rosenmontagszug zuletzt bereits abgesagt.