Mit Brokdorf geht ein besonders symbolträchtiges Atomkraftwerk vom Netz

Alois Staudacher, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons
Alois Staudacher, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Da waren es nur noch drei: Mit dem Jahreswechsel erreicht der Atomausstieg seine vorletzte Stufe, weitere drei Atomkraftwerke gehen planmäßig vom Netz. Übrig bleiben dann nur noch drei von ehemals 17. Unter den Kraftwerken, die zum bevorstehenden Jahreswechsel am 31. Dezember 2021 die Stromeinspeisung beenden müssen, ist mit dem Meiler Brokdorf auch ein besonders symbolträchtiges:

WAS HAT ES MIT DEM ATOMAUSSTIEG AUF SICH?

Nach der Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima 2011 nahm die damalige Regierung eine wenige Monate zuvor verabschiedete Laufzeitverlängerung für deutsche Atomkraftwerke wieder zurück und brachte den Atomausstieg auf den Weg. Die acht ältesten Reaktoren in Deutschland wurden umgehend abgeschaltet, die noch verbleibenden neun sollten bis 2022 schrittweise folgen.

Für jedes Akw wurde per Gesetz ein Termin festgelegt, an dem der Leistungsbetrieb spätestens enden muss. 2015, 2017 und 2019 gingen schon einzelne Kraftwerke vom Netz. Jetzt steht mit dem Aus für Brokdorf in Schleswig-Holstein, Gundremmingen C in Bayern und Grohnde in Niedersachsen ein Dreifach-Termin an.

Übrig bleiben dann nur noch die drei Atomkraftwerke Isar 2 in Bayern, Neckarwestheim 2 in Baden-Württemberg sowie Emsland in Niedersachsen, die spätestens bis Ende 2022 folgen müssen. Der deutsche Atomausstieg wird dann nach elf Jahren vollendet sein.

WAS IST DAS BESONDERE AN BROKDORF?

Der Bau des Atomkraftwerks am Elbufer in Schleswig-Holstein war zu Zeiten der Umwelt- und Anti-Atom-Bewegung in Westdeutschland ein Kristallisationspunkt des Protests – vergleichbar  nur mit dem Widerstand gegen den Bau eines sogenannten Nuklearen Entsorgungszentrums im niedersächsischen Gorleben und dem Bau einer Uran-Wiederaufarbeitungsanlage im bayerischen Wackersdorf.

In Brokdorf hatten Energiekonzerne seit Anfang der 1970er Jahre den Bau eines Atomkraftwerks geplant. Die Bauarbeiten in der kleinen Gemeinde nahe Brunsbüttel führten erstmals 1976 zu einer größeren Demonstration, bei der es auch zu heftigen Zusammenstößen zwischen militanten Teilnehmern und der Polizei kam. Aufgrund von Gerichtsentscheidungen ruhten die Arbeiten zwischen 1977 und 1981, wurden dann jedoch wieder aufgenommen.

Atomkraftgegner mobilisieren deshalb für den 28. Februar 1981 zu einer Demonstration, die von den Behörden verboten wurde. Die Polizei errichtete Sperren, dennoch gelangten Zehntausende zur Baustelle. Mit geschätzten 100.000 Teilnehmern galt sie damals als bislang größte Anti-Atom-Demonstration in der Bundesrepublik.

In der politisch stark aufgeheizten Atmosphäre jener Zeit wurden Konfrontationen wie diese oft zu „Schlachten“ stilisiert, das Gewaltpotenzial war hoch. Auch in Brokdorf kam es zu extrem heftigen Auseinandersetzungen. Militante Atomkraftgegner setzten Zwillen und Brandsätze ein, die Polizei reagierte mit Reizgas, Wasserwerfern und tief fliegenden Hubschraubern. Die Debatten um die Einsätze, um Polizeigewalt auch gegen friedliche Demonstranten sowie die Rechtsmäßigkeit von Demonstrationsbeschränkungen dauerten Jahre.

WIE GEHT ES AN DEN STANDORTEN NUN WEITER?

Das Atomkraftwerk in Brokdorf ging im Oktober 1986 ans Netz und gehörte laut Betreiber PreussenElektra zu den leistungsstärksten der Welt. Nach Firmenangaben wird der Reaktor am Silvesterabend heruntergefahren und kurz vor dem Jahreswechsel nach etwa 45 Jahren endgültig vom Stromnetz getrennt. Auch in Grohnde und in Gundremmingen C wird entsprechend vorgegangen. Alle Abläufe sind genau geplant, ein Akw lässt sich nicht per Knopfdruck stoppen.

Auch danach bleiben die Reaktoren streng genommen noch weiter in Betrieb, die radioaktiven Zerfallsprozesse im Inneren laufen weiter. Die sogenannte Nachbetriebsphase und der nachfolgende allmähliche Abriss der Anlagen ziehen sich über viele Jahre.

Die Emotionen, die insbesondere das Ende von Brokdorf begleiten, könnten unterschiedlicher nicht sein. Während Kraftwerksleiter Uwe Jorden in einer Mitteilung von großer Traurigkeit sprach und berichtete, die Mitarbeiter hätten die Versorgung des Landes mit Energie „mit großer Leidenschaft“ als ihre Aufgabe angesehen, bezeichnete die Anti-Atomkraft-Organisation „Ausgestrahlt“ das Ende von Brokdorf, Grohnde und Gundremmingen C als „Festtag“.

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