Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) will bei ihrem Antrittsbesuch in den USA die Bedeutung der transatlantischen Partnerschaft hervorheben, besonders mit Blick auf die Ukraine-Krise geht es aber auch um die Eigenständigkeit Europas. „Als Europäer haben wir keinen stärkeren Partner als die USA“, erklärte Baerbock am Mittwoch vor ihren Gesprächen in den USA. Die europäischen Interessen seien jedoch nicht deckungsgleich mit den amerikanischen, warnte ihr Parteikollege Omid Nouripour.
Für die kommenden Tage sind wegen des Ukraine-Konflikts Gespräche auf mehreren Ebenen mit Russland geplant. Die EU und ihre Mitgliedstaaten spielen dabei allerdings nur eine Nebenrolle: Moskau spricht vor allem mit Vertretern der USA und der Nato.
Der einzige Weg aus der Krise führe über Dialog, erklärte Baerbock. „Dies haben wir der russischen Regierung in den vergangenen Tagen und Wochen immer wieder eindringlich deutlich gemacht.“ Bei dem Treffen mit ihrem US-Kollegen Antony Blinken in Washington wolle sie die gemeinsame Botschaft an Moskau betonen: Das russische Handeln in Bezug auf die Ukraine sei „mit einem klaren Preisschild gekennzeichnet“.
Baerbock wollte Blinken um 11.00 Uhr (Ortszeit; 17.00 Uhr MEZ) treffen und eine Stunde später gemeinsam mit ihm vor die Presse treten.
„Die Europäer müssen eine eigene Souveränität anstreben“, sagte Nouripour den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Das werde Baerbock der US-Seite bei ihrem Besuch auch sagen. „Trotzdem ist es von großer Bedeutung, eine Partnerschaft auf der Basis gemeinsamer Werte zu pflegen und zu vertiefen – und zwar unabhängig davon, wer gerade im Oval Office und im Kanzleramt sitzt.“
Frankreichs Außenminister Jean-Yves Le Drian und auch der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags, Michael Roth (SPD), riefen die EU im Ukraine-Konflikt zu enger Koordinierung und Geschlossenheit auf. „Die EU darf sich nicht spalten lassen“, sagte Roth im ARD-„Morgenmagazin“. „Das heißt, wir müssen auch die Sorgen und Ängste unserer baltischen Partner, unserer polnischen Partner angemessen miteinbeziehen.“
Roth begrüßte, dass der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell „nochmal ein Solidaritätssignal in der Ukraine“ ausgesendet habe. Borrell war am Dienstag für einen mehrtägigen Besuch in die Ukraine gereist. „Angesichts der verstärkten militärischen Aufrüstung Russlands bin ich hier, um die Unterstützung der EU für die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine zu bekunden“, erklärte Borrell auf Twitter.
Borrell hatte bereits im Dezember betont, „jede Diskussion über die europäische Sicherheit muss in Abstimmung mit der EU und unter Beteiligung der EU stattfinden“. Die EU befürchtet, bei den Gesprächen zwischen den USA und Russland über den Ukraine-Konflikt übergangen zu werden.
Auch der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen forderte, die Lösung des Ukraine-Konflikts nicht alleine den USA und Russland zu überlassen. „Obwohl es sich um eine europäische Krise handelt, wird der Konflikt um die Ukraine zurzeit ausschließlich zwischen Russland und den USA verhandelt“, kritisierte Röttgen im Interview mit der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ und dem Bonner „General-Anzeiger“.
Ein massiver russischer Truppenaufmarsch mit rund 100.000 Soldaten an der ukrainischen Grenze schürte in den vergangenen Wochen in der Ukraine wie im Westen Ängste, dass eine russische Invasion in dem Nachbarstaat bevorstehen könnte. Moskau dementiert jedoch jegliche Angriffspläne und wirft seinerseits Kiew und der Nato „Provokationen“ vor.