Die Energiewende tritt laut einer Studie der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (VBW) auf der Stelle. „Anspruch und Wirklichkeit klaffen bei der Energiewende weiterhin meilenweit auseinander“, sagte VBW-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt am Mittwoch. Insbesondere der Strompreis und der Netzausbau gaben demnach 2020 Anlass zur Sorge. Fortschritte gab es hingegen bei Treibhausgasemissionen und Stromverbrauch, diese waren jedoch auf die Pandemie zurückzuführen.
Für das zehnte VBW-Monitoring der Energiewende analysierte die Beratungsfirma Prognos im Auftrag der Wirtschaftsvereinigung offizielle Statistiken von Bundes- und Landesbehörden. Die Ergebnisse wurden anschließend mit den Zielvorgaben der Bundesregierung und der bayerischen Landesregierung abgeglichen. Erstmals wurde das Monitoring im Jahr 2012 erstellt.
Insbesondere die gestiegenen Strompreise betrachtet die VBW mit Sorge: Europaweit belegte Deutschland mit einem Industriestrompreis von 12,39 Cent pro Kilowattstunde nur den vorletzten Platz, lediglich in Zypern lag der Preis höher. „Das ist Gift für eine Industrienation, die erfolgreich wirtschaften und gleichzeitig die Klimaziele erreichen will“, erklärte Brossardt.
Auch die Versorgungssicherheit in Deutschland bleibe nur „mäßig zufriedenstellend“, schrieben die Energie-Experten weiter. Zwar war die Versorgungssicherheit im Jahr 2020 gewährleistet, der Netzausbau kam jedoch nur schleppend voran. Insbesondere der Ausbau großer Übertragungsleitungen in den Süden sei ins Stocken geraten.
Die positiven Ergebnisse im Bereich Energie- und Stromverbrauch sowie bei den Treibhausgasemissionen seien primär auf die Corona-Pandemie zurückzuführen, erklärte die VBW weiter. So ging der Energieverbrauch 2020 um 7,1 Prozent zurück, der Stromverbrauch um drei Prozent. Auch der Ausstoß von Treibhausgasemissionen verringerte sich demnach um 8,6 Prozent. Diese Entwicklungen seien jedoch „nicht nachhaltig“, erforderlich seien „schnellstmögliche strukturelle Veränderungen im Energiesystem“.
Nötig sei außerdem eine höhere Geschwindigkeit beim Ausbau der Erneuerbaren. Die VBW forderte eine „Ausbau-Offensive aller erneuerbaren Energien“. „Dafür müssen Planungs- und Genehmigungsverfahren auf allen Ebenen weiter entschlackt, modernisiert und vereinfacht werden“, erklärte Brossardt. Auch die Gesellschaft müsse von den Maßnahmen überzeugt werden, die Politik sei gefordert, für Akzeptanz zu sorgen.
Auch gegen die hohen Strompreise müsse politisch vorgegangen werden, forderte die VBW weiter. „Strom muss sicher und sauber, aber auch bezahlbar sein“, sagte Brossardt. Die Absenkung der EEG-Umlage sei ein guter erster Schritt gewesen, nötig sei aber auch eine Absenkung der Stromsteuer auf das europarechtliche Minimum.