Die Grünen haben eine neue Doppelspitze: Ricarda Lang und Omid Nouripour wurden am Samstag auf dem digitalen Parteitag als Vorsitzende gewählt. Sie lösen Annalena Baerbock und Robert Habeck ab, die wegen des Wechsels in Regierungsämter den Parteivorsitz abgaben. Lang nannte als zentrale Aufgabe der Grünen die Verbindung von Klimaschutz und sozialer Gerechtigkeit. Nouripour bekräftigte das Ziel, die Partei weiter zu stärken, um in der Kanzlerfrage mitreden zu können.
Lang erhielt 75,9 Prozent der Stimmen. Nouripour, der zwei Gegenkandidaten hatte, kam auf 82,6 Prozent. Zur neuen Bundesgeschäftsführerin wählte der Parteitag die bisherige Organisationschefin der Grünen, Emily Büning. Sie erhielt 88,35 Prozent der Stimmen. Büning tritt die Nachfolge des langjährigen Bundesgeschäftsführers Michael Kellner an, der als Parlamentarischer Staatssekretär ins Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz wechselte.
Die 28-jährige Lang ist die bisher jüngste Vorsitzende der Grünen. Wegen einer Corona-Infektion konnte sie ihre Bewerbungsrede nicht vor Ort halten und wurde digital zugeschaltet. Wie am Vorabend Habeck und Baerbock warb auch Lang um Rückhalt für die grünen Regierungsmitglieder in der Ampel-Koalition. Es gehe darum, „in der Realität einer Regierung etwas zu erreichen“, sagte Lang.
„Die Grünen stehen für Veränderung auch in schwierigen Zeiten“, betonte sie. Die Klimakrise sei eine soziale Krise, „sie trifft die am härtesten, die am wenigsten haben“. Die neue Grünen-Chefin fügte hinzu: „Gerechtigkeit kann es ohne Klimaschutz überhaupt nicht geben.“
Nouripour sagte in seiner Bewerbungsrede, die grünen Ministerinnen und Minister hätten „einen Knochenjob vor sich“. Sie brauchten Unterstützung und Solidarität, „aber auch Impulse einer klugen und selbstbewussten Partei“. Diesen Prozess wolle er begleiten.
Zugleich bekräftigte der 46-Jährige, die neue Grünen-Führung werde den Wahlkampf zur Bundestagswahl „zusammen nacharbeiten, um das nächste Mal noch erfolgreicher zu sein“. Die Partei war mit 14,8 Prozent hinter ihren eigenen Erwartungen zurückgeblieben. Ziel sei, die Grünen weiter zu stärken, damit sie bei der Kanzlerfrage wieder mitspielen könnten, sagte Nouripour.
Das Ergebnis der auf dem Parteitag digital erfolgten Vorstandswahlen muss durch eine schriftliche Stimmabgabe der Delegierten bestätigt werden. Formal ist so lange noch der alte Bundesvorstand im Amt. Am Freitagabend hatten sich Baerbock und Habeck nach vier Jahren im Amt als bisherige Doppelspitze der Partei verabschiedet.
Nur am Rande spielten auf dem Parteitag die umstrittenen Corona-Sonderzahlungen von 1500 Euro eine Rolle, die sich der scheidende Bundesvorstand im Jahr 2020 selbst gewährt hatte. „Mit dem Wissen von heute würden wir solchen einen Beschluss nicht mehr fassen“, räumte Schatzmeister Marc Urbatsch Fehler ein. „Die Ermittlungen haben uns allen geschadet.“
Die Gelder wurden bereits im vergangenen Oktober zurückgezahlt, doch die Staatsanwaltschaft nahm vor anderthalb Wochen Ermittlungen wegen des Anfangsverdachts der Untreue auf.
Deutliche Kritik an den Zahlungen kam von der früheren Grünen-Vorsitzenden Renate Künast. „Das ist absolut nicht in Ordnung“, sagte Künast am Samstag im Bayerischen Rundfunk. Die eingeleiteten staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen seien rein rechtlich betrachtet „eigentlich logisch“ gewesen.