Im Fall des als vielfacher Missbrauchstäter verurteilten Priesters Peter H. hätte sich der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck ein anderes Vorgehen vorstellen können. „Rückblickend hätte ich mir ein Verfahren gewünscht, dass die Vorgänge und Verbrechen konsequenter aufklärt und vor allem die Betroffenen und Zeugen der Missbrauchstaten anhört und ernst nimmt“, sagte Overbeck der „Rheinischen Post“ laut Vorabmeldung vom Donnerstag.
H. war 1980 von Essen nach München versetzt worden und beging auch dort Missbrauchstaten. Zu dieser Zeit leitete Kardinal Joseph Ratzinger, der spätere Papst Benedikt XVI., das Münchner Erzbistum. Einem kürzlich veröffentlichten Bericht der Wochenzeitung „Die Zeit“ zufolge stellten Kirchenrichter bereits vor einigen Jahren Versäumnisse von Benedikt XVI. aus seiner Zeit als Erzbischof und später als Präfekt der Glaubenskongregation in dem Missbrauchsfall fest.
Auch für Overbeck stellt sich laut „Rheinischer Post“ die Frage einer Mitverantwortung. Nach eigenen Worten habe er jedoch „keine Gelegenheit gehabt, mit Papst Benedikt XVI. über den Fall des Priesters Peter H. zu sprechen“ oder sich auszutauschen. Nach seiner Amtseinführung als Bischof von Essen 2009 habe Overbeck sich über alle damals im Ruhrbistum bekannten Missbrauchsfälle informiert, darunter sei auch der Fall des Priesters H. gewesen.
Zusammen mit dem Münchner Kardinal Reinhard Marx stellte Overbeck den Antrag, H. aus dem Priesterstand zu entlassen. Das wird dem Bericht zufolge heute auch als Versuch verstanden, den Fall der Öffentlichkeit zu entziehen und Papst Benedikt damit vor Anschuldigungen zu bewahren.
Für ihn habe Vorrang gehabt, den Fall eines mehrfach überführten Missbrauchstäters sowie in vielen weiteren Fällen Beschuldigten „kirchenrechtlich zügig und vollständig aufzuklären und entsprechende Sanktionen herbeizuführen“, sagte Overbeck der „Rheinischen Post“ dazu.
„Ich wollte erreichen, dass Peter H. aus dem priesterlichen Dienst entlassen wird und von ihm keine weiteren Gefahren ausgehen.“ In der dritten Januarwoche soll ein neues Missbrauchsgutachten zum Erzbistum München und Freising veröffentlicht werden. Darin sollen auch jene Verantwortlichen benannt werden, die ihre Pflicht der Aufklärung von sexualisierter Gewalt verletzten.