Vor dem Bund-Länder-Spitzengespräch zur Corona-Lage am Freitag hat der Expertenrat der Bundesregierung eindringlich vor einer Überlastung der Krankenhäuser gewarnt. Die Ausbreitung der hochansteckenden Omikron-Variante könne „innerhalb von kurzer Zeit die allgemeine medizinische Versorgung in Deutschland gefährden“, erklärte das Gremium in einer Donnerstag veröffentlichten Stellungnahme. Derweil ging die Debatte um Quarantäne-Zeiten und verschärfte Kontaktbeschränkungen weiter.
Der Expertenrat der Bundesregierung geht davon aus, dass Omikron „zeitnah flächendeckend dominant“ sein werde. Er verwies in seiner Erklärung darauf, dass es zwar einen milderen Krankheitsverlauf und weniger Krankenhausaufnahmen gebe. Gegenüber der bisher dominanten Delta-Variante drohe dies aber wieder durch „die starke Infektionsdynamik“ aufgewogen zu werden.
Nicht nur im Gesundheitsbereich fürchtet das Expertengremium deshalb einen akuten Personalmangel. In anderen Bereichen der zentralen Versorgung – zu der etwa Polizei, Feuerwehr oder Energieversorger gehören – drohten „bei hohen Inzidenzen und dem damit verbundenen Personalausfall ähnliche Belastungssituationen“.
Deshalb sind vor dem Bund-Länder-Treffen verkürzte Quarantäne-Zeiten im Gespräch. Ein Vorschlag des Bundesgesundheitsministeriums sieht generell eine Verkürzung der Isolations- und Quarantänezeit von zehn auf sieben Tage vor, wenn Betroffene am Ende negativ getestet werden. Bislang gelten hier für Omikron-Infizierte 14 Tage ohne die Möglichkeit des Freitestens.
In besonders wichtigen Arbeitsfeldern soll für Kontaktpersonen ein Freitesten bereits nach fünf Tagen möglich sein, ebenso für Schulkinder, die Kontaktpersonen von Infizierten sind. Generell sollen Kontaktpersonen von Quarantäne befreit werden, wenn sie vor weniger als zwei Monaten die zweite Impfung erhalten haben oder über einen Booster-Impfschutz verfügen.
Eine deutliche Mehrheit der Deutschen befürwortet eine Verkürzung der Isolations- und Quarantäne-Zeiten. 67 Prozent der Befragten äußerten in dem am Donnerstag veröffentlichten ARD-„Deutschlandtrend“ diese Auffassung.
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) mahnte bei der Neuregelung der Quarantäne-Zeiten verständliche Regeln an. Es dürfe „kein Chaos bei der Quarantäne geben“, sagte er der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“.
Schleswig-Holstein beschloss bereits am Donnerstag neue Quarantäneregeln, ohne die Bund-Länder-Beratungen abzuwarten. Insbesondere wurden geltende Sonderregeln für Omikron-Fälle gestrichen, die in dem Land bereits stark verbreitet sind.
Debatten gab es vor der Bund-Länder-Runde auch um mögliche zusätzliche Schutzmaßnahmen angesichts der rapiden Ausbreitung von Omikron. Die Expertinnen und Experten der Bundesregierung hielten diese für nötig, wenn in den kommenden Wochen die Belastung durch Infektionszahlen und Personalausfälle zu hoch werde. Dann sei „kurzfristig eine weitere Intensivierung der Kontaktbeschränkungen erforderlich“, hieß es.
FDP-Chef Christian Lindner warnte vor zu weitgehenden Einschränkungen. Erforderlich seien nun „maßvolle Beschränkungen“ wie etwa strengere Abstandsregeln, sagte er. Einen neuen Lockdown mit flächendeckenden Schließungen dürfe es aber nicht geben.
„Wir brauchen Vorsicht, wir brauchen Augenmaß, aber auf verlässlicher Zahlenbasis“, sagte CSU-Chef Markus Söder dem Sender Bild. Er mahnte, Einschränkungen müssten auch gerichtsfest sein.
Für eine 2G-Plus-Regel für viele Bereiche warb in Schwerin Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD). Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) nannte im TV-Sender Welt als eine Möglichkeit die Pflicht zum Tragen einer FFP2-Maske in Zügen oder mögliche neue Reisebeschränkungen.