Der Regierungschef von Haiti, Ariel Henry, ist nach eigenen Angaben am vergangenen Wochenende einem Attentat entgangen. Gegen seine Person habe es einen Attentatsversuch gegeben, er befinde sich „in der Schusslinie“, sagte Henry am Montag der Nachrichtenagentur AFP. Vom Büro des Regierungschefs an AFP geschickte Fotos zeigen dessen gepanzerten Dienstwagen mit den Spuren eines Kugeleinschlags in der Winschutzscheibe.
Der Anschlagsversuch soll laut Henry während seiner Teilnahme an Feierlichkeiten zum haitianischen Unabhängigkeitstag am Samstag in der Stadt Gonaïves verübt worden sein. Während der Feiern war es in der Stadt zu bewaffneten Konfrontationen zwischen bewaffneten Gruppen und der Polizei gekommen. Dabei wurden auch Schusswaffen eingesetzt.
Durch die Schießereien waren Henry und andere Regierungsvertreter gezwungen, Gonaïves überstürzt zu verlassen. In der Stadt war am Neujahrstag 1804 die haitianische Unabhängigkeitserklärung unterzeichnet worden.
Mitglieder krimineller Banden in Gonaïves sowie Bürgergruppen hatten im Vorfeld der Feierlichkeiten gegen den geplanten Besuch des Regierungschefs Front gemacht. „Ich wusste, dass ich ein Risiko eingehe“, sagte Henry nun in seinem Telefoninterview mit AFP zu seiner Visite in Gonaïves, das rund 150 Kilometer nördlich der Hauptstadt Port-au-Prince liegt. Es könne jedoch nicht zugelassen werden, dass „Banditen“ den Staat „erpressen“.
Seit dem Mord an Präsident Jovenel Moïse im Juli hat Henry die oberste Regierungsverantwortung in Haiti inne. Präsidentschafts- und Parlamentswahlen sowie ein Verfassungsreferendum wurden auf unbestimmte Zeit verschoben.
Moïse war in seinem Haus von einem Mordkommando getötet worden. Die Hintergründe der Tat liegen weiterhin im Dunkeln. Die Misere in dem verarmten Karibikstaat hat sich seit dem Mord an Moïse dramatisch weiter verschärft. Haiti befindet sich ohnehin schon seit Jahren in einer schweren politischen und wirtschaftlichen Krise.