Der künftige Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, hat sich für deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine ausgesprochen. Heusgen sagte der „Rheinischen Post“ und dem Bonner „General-Anzeiger“ (Montagsausgaben), die Bundesregierung mache es sich mit ihrem Nein unter Verweis auf die deutschen Rüstungskontrollregeln zu einfach.
Einerseits sei Deutschland aufgrund der eigenen Geschichte bei Waffenlieferungen in Spannungsgebiete sehr zurückhaltend. „Gleichzeitig exportieren wir ebenfalls mit dem Verweis auf unsere Geschichte modernste U-Boote nach Israel.“ Die Frage werde jetzt „zurecht“ gestellt, ob nicht Deutschland aus dem gleichen Grund auch Waffen in die Ukraine liefern sollte. Heusgen erinnerte dabei an die „bestialische“ Ermordung von über 30.000 jüdischen Ukrainern 1941 in Babyn Jar durch die Wehrmacht und andere deutsche Sicherheitskräfte.
Der frühere außenpolitische Berater der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) plädierte zudem dafür, die umstrittene deutsch-russische Gaspipeline Nord Stream 2 im Falle eines russischen Angriffs auf die Ukraine auf Eis zu legen. „Wenn russische Truppen in die Ukraine einmarschieren, kann man Nord Stream 2 nicht einfach so weiterlaufen lassen und in Betrieb nehmen, als wäre nichts passiert.“
Nach wochenlangen diplomatischen Verhandlungen sieht Heusgen mittlerweile erste Anzeichen einer Entspannung. „Aus Russland kommen etwas weniger aggressive Töne“, sagte er den Zeitungen. Die Gefahr sei aber noch nicht gebannt, da Russland seine Truppen noch nicht von der ukrainischen Grenze abgezogen habe.
Es sei deshalb weiterhin wichtig, dass Nato und EU Geschlossenheit zeigen. „Geschlossenheit ist ein starkes Mittel, um Russland zu beeindrucken.“ Die „Methode“ des russischen Präsidenten Wladimir Putin „war und ist es ja immer wieder, zu versuchen zu spalten: zwischen Europa und den USA und innerhalb der Europäischen Union“.
Die USA und ihre Verbündeten werfen Russland vor, über 100.000 Soldaten an der Grenze zur Ukraine zusammengezogen zu haben. Den Westen treibt deshalb die Sorge um, dass Russland nach der Annexion der Krim 2014 einen Einmarsch in das Nachbarland vorbereitet. Der Kreml bestreitet Angriffspläne, führt aber gleichzeitig ins Feld, sich von der Ukraine und der Nato bedroht zu fühlen.