Ermittler haben einem Bericht zufolge seit 2020 in mehr als hundert Verfahren auf Daten aus der Luca-App oder anderen Formen der Corona-Kontakterfassung zugegriffen. Das berichtete das Nachrichtenportal „ZDFheute.de“ am Donnerstag unter Berufung auf eine Umfrage unter allen Staatsanwaltschaften und Landesatenschutzbeauftragten. Dabei seien die Daten mindestens fünfmal verwendet worden, obwohl das Infektionsschutzgesetz es zu diesem Zeitpunkt verboten habe.
So habe etwa die Staatsanwaltschaft im baden-württembergischen Mosbach im Sommer 2021 Besucherdaten eines Schwimmbads abgefragt, um Geschädigte und Zeugen in einem Ermittlungsverfahren wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern zu finden. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart habe im Juli 2021 die Gästeliste einer Veranstaltung wegen des Verdachts eines versuchten Tötungsdelikts ausgewertet.
Seit Mai 2020 mussten Gaststätten vielerorts die Kontaktdaten von Gästen erfassen. Mit der Änderung des Infektionsschutzgesetzes im November durften die Daten ausdrücklich nur noch für die Kontaktnachverfolgung genutzt werden. Allerdings sei rechtlich umstritten, ob dies auch für die Aufklärung schwerster Straftaten wie Mord gelte, schrieb das Nachrichtenportal.
Es zitierte einen Sprecher des Bundesdatenschutzbeauftragten Ulrich Kelber, der indirekt Länderregelungen kritisierte, nach denen die Corona-Warnapp nicht als Alternative zur Luca-App erlaubt sei. „Mit dem Check-In der Corona-Warnapp steht eine Lösung bereit, bei der aufgrund des dezentralen Ansatzes eine unerlaubte Datenabfrage nicht möglich ist“, sagte er demnach.
Solange es Daten gebe, auf die die Behörden grundsätzlich zugreifen könnten, ließen sich unerlaubte Abfragen und Missbrauch der Daten nicht ausschließen. Es gebe aber keine Erkenntnisse über unerlaubte Datenabfragen bei den vom Bundesdatenschutzbeauftragten beaufsichtigten Stellen, zitierte ihn das Portal weiter.