Eine massive Cyber-Attacke auf die Regierung der Ukraine hat am Freitag auch die westlichen Partnerstaaten des Landes aufgeschreckt. Die Webseite des Außenministeriums in Kiew konnte ebenso wie die Seiten des Katastrophenschutzministeriums, des Forschungsministeriums und des Kabinetts nicht aufgerufen werden. Am frühen Morgen waren auf der Homepage des Außenministeriums vorübergehend die drohenden Worte „Habt Angst und rechnet mit dem Schlimmsten“ in ukrainischer, russischer und polnischer Sprache zu lesen. Die EU und Berlin sicherten der Ukraine ihre Hilfe zu.
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell und die Bundesregierung verurteilten die Cyberattacke scharf. Borrell sagte beim EU-Außenministertreffen im französischen Brest, die EU werde alle Mittel mobilisieren, um Kiew zu unterstützen. Unter anderem sei eine Dringlichkeitssitzung des Politischen und Sicherheitskomitees der EU anberaumt worden. Dabei gehe es auch um technische Hilfestellung für die Ukraine.
Ob Russland hinter dem Angriff stecke, sei noch unklar, sagte Borrell: „Wir haben keine Beweise, aber es ist denkbar.“ Österreichs Außenminister Alexander Schallenberg nannte den Cyberangriff „wahnsinnig besorgniserregend“. Er verwies in Brest darauf, dass eine Cyberattacke der Vorbote für militärische Aktivitäten sein könnte. Am Donnerstag hatte Borrell eine EU-Initiative zur Ausbildung von Führungskräften der ukrainischen Armee zur Abwehr von Cyberangriffen angekündigt.
Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes machte in Berlin auch die deutsche Bereitschaft zur Hilfe für die Ukraine deutlich. Es werde geprüft, wie eine solche Unterstützung aussehen könnte. Es seien „viele zentrale Regierungsstellen“ in Kiew betroffen.
Mehrere Webseiten der ukrainischen Regierung waren in der Nacht zum Freitag Ziel der massiven Cyberattacke geworden. Auf der Webseite des Außenministeriums war vorübergehend die Botschaft zu lesen: „Ukrainer! All eure persönlichen Daten wurden gelöscht und können nicht wieder hergestellt werden. Alle Informationen über euch sind veröffentlicht, habt Angst und rechnet mit dem Schlimmsten.“
Nach Angaben der ukrainischen Geheimdienste wurden bei der Cyberattacke keine persönlichen Daten gestohlen. „Auf den Startseiten der betroffenen Websites wurden provozierende Botschaften veröffentlicht, aber der Inhalt dieser Seiten wurde nicht geändert und es gab nach bisherigen Informationen keinen Diebstahl persönlicher Daten“, erklärte der ukrainische Geheimdienst SBU. Ein Großteil der betroffenen Seiten sei wieder zugänglich und die verbliebenen seien „ebenfalls sehr bald wieder aufrufbar“.
Wer hinter der Cyberattacke stand, war zunächst unklar. Die Regierung in Kiew machte dazu keine Angaben. Bei früheren Cyberattacken auf Regierungs-Websites und wichtige Infrastruktureinrichtungen hatte Kiew wiederholt russische Hacker mit Verbindungen zum Kreml verantwortlich gemacht.
Das Außenministerium in Kiew erklärte, Spezialisten arbeiteten daran, das IT-System wieder in Gang zu bringen. Die Cyber-Polizei habe Ermittlungen eingeleitet.
Der Cyberangriff erfolgte vor dem Hintergrund der verschärften Spannungen zwischen Russland und dem Westen im Ukraine-Konflikt. Angesichts eines massiven russischen Truppenaufmarsches an der Grenze zur Ukraine fürchtet der Westen, Moskau könnte das Nachbarland angreifen.