Er steckte den Finger in den Mund und machte mit der Backe einen „Plopp“ – was in Corona-Zeiten unvorstellbar klingt, war ab Ende der 70er Jahre eine der bekanntesten Gesten im deutschen Fernsehen: Michael Schanze hatte mit seinem „1, 2 oder 3“ einen legendär gewordenen Fernseherfolg. Das ZDF-Kinderquiz, davor „Hätten Sie heut‘ Zeit für mich?“ und später der „Flitterabend“ sind Sendungen, die der Münchner mit seinem Charme zum Erfolg machte.
Schanze, der am Samstag 75 Jahre alt wird, zog sich inzwischen aus dem Fernsehen zurück. Er spürt auch allmählich das Vergessen der Zuschauer. „Wenn man im Fernsehen nicht stattfindet, dann glauben die, den gibt’s gar nicht mehr“, sagte Schanze jüngst in einer Dokumentation im Bayerischen Rundfunk (BR).
Für den Rückzug von der großen Fernsehbühne hatte er sich nach eigener Darstellung selbst entschieden, auf dem Höhepunkt einer privaten Lebenskrise mit der Trennung von seiner Frau. „Für mich war einfach die Entscheidung gekommen, wo ich gesagt habe, ich muss was ändern“, erinnerte er sich im BR an die gegen alle Ratschläge von außen getroffene Entscheidung.
Der einst überaus drahtige Schanze ist inzwischen stark übergewichtig, nach einem schweren Skiunfall 2003 legte er an Gewicht zu. In der BR-Dokumentation klagte Schanzes Bruder Christian über das öffentliche Bild seines Bruders: „Es wird nur der dicke Mann gesehen.“
Für Christian Schanze, der Facharzt für Psychiatrie ist, ist es aber eine „unglaubliche Lebensleistung“, dass sein Bruder trotz schwerer Krisen noch aktiv im Leben steht. Denn in der Familie gibt es eine auffällige Häufung an Suiziden, darunter von Vater und Großvater.
Der am 15. Januar 1947 in Tutzing am Starnberger See geborene Michael Schanze erlebte durch den Suizid des Vaters, der Leiter des BR-Streichorchesters war, einen großen Bruch im Leben. Als kleiner Junge kam er ins Internat, weil die Mutter nun Vollzeit arbeiten musste – für Schanze eine einsame Zeit, allerdings lernte er im Internat im Knabenchor den Gesang.
Die Musik wurde Schanzes Zugang zur Kunst. Er begann als Sänger, trat 1968 im „Talentschuppen“ erstmals im Fernsehen auf. Parallel bekam Schanze auch kleine Fernsehrollen und absolvierte ein Studium an der Münchner Filmhochschule. Im Fernsehen profitierte er davon, dass Roy Black kurzfristig die Moderation von „Hätten Sie heut‘ Zeit für mich?“ absagte. Der unerfahrene Schanze bekam die Sendung und wurde als der kommende große Showmaster gefeiert.
Zum hochdotierten Plattenvertrag und dem Fernseherfolg kam die Zuneigung der Zuschauer – 1973 erhielt Schanze den ersten von drei Bambis. In dieser Phase schien dem dreifachen Vater alles zu gelingen. 1977 nahm er sogar an den Surfweltmeisterschaften auf den Bahamas teil und wurde Siebter.
1982 bekam Schanze für „Olé Espana“, das Lied zur Fußballweltmeisterschaft, eine goldene Schallplatte. Im Fernsehen moderierte er nach „1, 2 oder 3“ den „Telezirkus“, „Nur keine Hemmungen“, „Die Michael Schanze Show“, oder „Spiel ohne Grenzen“.
Sein letzter großer Fernseherfolg war „Kinderquatsch mit Michael“, das von 1991 bis 2003 lief. Der inzwischen in einer neuen Beziehung lebende Künstler arbeitet seit seinem Rückzug aus dem Fernsehen weiter als Komponist von Musicals oder als Theaterschauspieler.
Ob er noch einmal im Fernsehen auftreten wird? Dem „Stern“ sagte Schanze schon im Jahr 2019, dass er nichts mehr gegen ein Comeback hätte. „Über eine schöne Rolle im Film oder beim Fernsehen würde ich mich mittlerweile sehr freuen“ – dazu kam es bislang aber noch nicht.