Kurz vor dem Besuch von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) in Kiew und Moskau hat ihr ukrainischer Amtskollege Dmytro Kuleba die Bundesregierung aufgefordert, gegenüber Russland Stärke zu zeigen. „Wir erwarten von der neuen Bundesregierung einen festen und deutlichen Kurs gegenüber den russischen Drohungen und Einschüchterungsversuchen – zusammen mit der Ukraine und unseren Partnern und Alliierten“, sagte Kuleba der „Bild am Sonntag“.
„Kein Geschäftsinteresse und kein Bedürfnis danach, Verständnis für Putin zu zeigen, sind es wert, einen blutigen Krieg in Europa zuzulassen“, mahnte der ukrainische Chef-Diplomat. Den russischen Staatschef Wladimir Putin bezeichnete Kuleba als einen „Meister“ im Schüren von Ängsten.
Der Kreml-Chef folgt aus Sicht des ukrainischen Außenministers einem klaren Verhaltensmuster: „Erst erschafft er Probleme und Krisen. Dann lädt er andere ein, die Probleme und Krisen mit ihm zu diskutieren und zu lösen. Und am Ende schlägt er selbst Lösungen vor, die seinen Gegnern Zugeständnisse abverlangen.“ Diese sollten Putin jedoch entschieden entgegentreten: „Präsident Putin hört nur auf, wo er aufgehalten wird, er versteht nur die Sprache der Stärke.“
Kuleba bekräftigte in der „BamS“ auch den Willen seines Landes, der Nato beizutreten. „Wenn Putin wissen möchte, warum seine Nachbarn eine Nato-Mitgliedschaft anstreben, muss er nur in den Spiegel gucken“, hob er hervor.
Baerbock will Anfang kommender Woche nach Kiew und nach Moskau reisen. Nach französischen Angaben ist dabei auch ein gemeinsamer Besuch mit dem französischen Außenminister Jean Yves Le Drian im Konfliktgebiet in der Ostukraine geplant. Baerbock will nach eigenen Angaben in der aktuellen Krisensituation „Gesprächskanäle auf allen unterschiedlichen Ebenen“ nutzen. Dafür brauche es viel Ausdauer, Geduld und „starke Nerven“.
Der Westen befürchtet angesichts eines massiven russischen Truppenaufmarschs an der Grenze zur Ukraine, dass Russland nach der Annexion der Krim 2014 derzeit einen Einmarsch im Nachbarland vorbereitet. Der Kreml weist dies zurück.