Die USA und Großbritannien haben die Geiselnahme in einer Synagoge im US-Bundesstaat Texas als „Terrorakt“ bezeichnet. Die britische Außenministerin Liz Truss verurteilte am Sonntag die „terroristische und antisemitische“ Tat in der Kleinstadt Colleyville. Die US-Bundespolizei FBI hatte den Geiselnehmer zuvor als britischen Staatsbürger identifiziert. Die Polizei hatte die Geiseln am Samstag befreit, der Täter kam ums Leben. Offenbar hatte er eine wegen Terrorvorwürfen verurteilte Pakistanerin freipressen wollen.
Die Polizei hatte die Geiselnahme am Samstagabend nach mehreren Stunden beendet und die drei verbliebenen Geiseln befreit. Eine weitere Geisel war bereits zuvor freigekommen. Der bewaffnete Täter starb. Ob er von den Einsatzkräften getötet wurde oder Suizid beging, blieb zunächst unklar.
„Das war ein Terrorakt“, sagte Biden am Sonntag bei einem Besuch in Philadelphia. Dabei deutete er an, dass der Täter die Freilassung der Pakistanerin Aafia Siddiqui verlangt hatte, die in den USA wegen Terrorvorwürfen inhaftiert ist. Die Tat stehe im Zusammenhang „mit jemandem, der vor 15 Jahren verhaftet und seit zehn Jahren im Gefängnis sitzt“, sagte Biden.
Die US-Bundespolizei identifizierte den Geiselnehmer als einen 44-jährigen britischen Staatsbürger namens Malik Faisal Akram. Es gebe derzeit keine Hinweise auf weitere Tatbeteiligte, erklärte das FBI in Dallas.
Die britische Polizei bestätigte die Identität des Tatverdächtigen, der aus Blackburn stamme. Auf der Facebook-Seite der muslimischen Gemeinde der Stadt im Nordwesten Englands meldete sich der mutmaßliche Bruder des Geiselnehmers zu Wort. Seine Familie verurteile die Tat, schrieb der Mann. Sein Bruder, der bei dem Polizeieinsatz erschossen worden sei, habe unter psychischen Problemen gelitten.
Der Angreifer hatte in der Synagoge in Colleyville den Rabbiner und drei weitere Menschen in seine Gewalt gebracht. Bis zu 200 Polizisten, unter ihnen Beamte der Bundespolizei FBI, waren vor Ort im Einsatz. Etwa zehn Stunden nach dem Beginn der Geiselnahme stürmten Spezialkräfte die Synagoge. Alle Geiseln blieben unversehrt. „Der Verdächtige starb“, sagte Colleyvilles Polizeichef Michael Miller. Zur Todesursache machte Miller keine Angaben. Journalisten berichteten von einer lauten Explosion und Schüssen in der Synagoge.
Nach Informationen des Senders ABC hatte der Angreifer die Freilassung der pakistanischen Wissenschaftlerin Siddiqui verlangt, die 2010 in den USA wegen versuchten Mordes an US-Soldaten in Afghanistan zu 86 Jahren Haft verurteilt worden war. US-Boulevardmedien gaben ihr in Anspielung auf das Extremistennetzwerk Al-Kaida den Beinamen „Lady Kaida“. Der Fall hatte in Pakistan für große Empörung gesorgt.
In einer Liveübertragung des Gottesdienstes, die auf Facebook gestreamt wurde, war kurzzeitig die Stimme des mutmaßlichen Täters zu hören, der verlangte, mit seiner „Schwester“ zu telefonieren. Experten zufolge bezog er sich damit wohl im übertragenen Sinne auf Siddiqui als Schwester im islamischen Glauben. Siddiqui ist in Texas inhaftiert. Ihre Anwältin sagte dem Sender CNN, sie habe „absolut nichts“ mit der Geiselnahme zu tun.
Das FBI äußerte sich nicht zum möglichen Motiv des Täters. Biden dementierte Medienberichte, wonach der Geiselnehmer mehrere Bomben bei sich trug. Er versprach, „gegen Antisemitismus und gegen den zunehmenden Extremismus in diesem Land“ vorzugehen.
Die britische Regierung sagte den USA ihre Unterstützung bei den Ermittlungen zu. „Wir stehen an der Seite der USA und verteidigen die Rechte und Freiheiten unserer Bürger gegen diejenigen, die Hass verbreiten“, twitterte Außenministerin Truss.
Israels Regierungschef Naftali Bennett erklärte auf Twitter: „Dieses Ereignis erinnert uns eindringlich daran, dass der Antisemitismus immer noch lebendig ist und wir ihn weltweit bekämpfen müssen.“
Die Geiselnahme in Texas löste bei jüdischen Organisationen in den USA sowie bei der israelischen Regierung große Besorgnis aus. Israels Botschafter in den USA, Michael Herzog, sagte, er sei „dankbar“, dass alle Geiseln in Sicherheit seien. Auch der Rat der Amerikanisch-Islamischen Beziehungen verurteilte die Tat und bot der jüdischen Gemeinde in Colleyville „jede mögliche Hilfe“ an.