Der Vatikan hat den wegen seines Umgangs mit sexuellem Missbrauch in der Kirche unter Druck geratenen emeritierten Papst Benedikt XVI. in Schutz genommen. Der Mediendirektor des Vatikan, Andrea Tornielli, hob am Mittwoch „den Kampf Benedikts XVI. gegen Pädophilie von Klerikern“ hervor. Der damalige Kardinal Joseph Ratzinger habe in seiner Funktion als Präfekt der Glaubenskongregation „das Phänomen bereits bekämpft“.
Nach seiner Wahl zum Papst habe Benedikt XVI. später „äußerst strenge Vorschriften gegen klerikale Missbrauchstäter, eigene Gesetze zur Bekämpfung der Pädophilie“ erlassen, schrieb Tornielli. Er sei außerdem der erste Papst gewesen, „der auf seinen Apostolischen Reisen mehrmals mit Missbrauchsopfern zusammentraf“.
Der Leiter der Vatikan-Medien betonte, dass das Gutachten zu den Missbrauchsfällen im Erzbistum München „keine gerichtliche Untersuchung, geschweige denn ein endgültiges Urteil“ sei. Zudem wandte er sich gegen einseitige Schuldzuweisungen. Die Schlussfolgerungen aus dem Bericht könnten nur dann zur Bekämpfung der Pädophilie in der Kirche beitragen, „wenn sie sich nicht auf die Suche nach bloßen Sündenböcken und Pauschalurteilen beschränken“, schrieb Tornielli.
Das in der vergangenen Woche vorgelegte Gutachten hatte bei sämtlichen Münchner Erzbischöfen seit dem Zweiten Weltkrieg Fehlverhalten festgestellt, darunter auch beim späteren Papst Benedikt XVI. und beim amtierenden Kardinal Reinhard Marx.
Am Montag musste der emeritierte Papst einräumen, dass er in seiner Stellungnahme für das Gutachten falsche Angaben gemacht hatte. Dabei ging es um seine Teilnahme an einer Sitzung im Januar 1980, die er zunächst abgestritten hatte.
Die betreffende Ordinariatssitzung gilt als zentral für den späteren Einsatz des wegen Pädophilie vorbestraften Priesters Peter H. in Gemeinden des Erzbistums München und Freising, wo er dann wieder Kinder missbrauchte. In der Sitzung wurde über die Aufnahme des im Bistum Essen wegen sexuellen Missbrauchs aufgefallenen H. im damals von Ratzinger als Erzbischof geleiteten Münchner Erzbistums entschieden.
Die Vorstellung des Münchner Gutachtens hatte in der katholischen Kirche und darüber hinaus für eine große Welle der Empörung gesorgt. Der Heilige Stuhl hatte in einer ersten Stellungnahme „sein Gefühl der Scham und Reue für den Missbrauch von Minderjährigen durch Geistliche“ bekräftigt.