Die Zahl der Erwerbstätigen in Deutschland hat sich im vergangenen Jahr kaum verändert. Im Jahresdurchschnitt waren rund 44,9 Millionen Menschen hierzulande erwerbstätig, nur rund 7000 mehr als im Corona-Krisenjahr 2020, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Montag mitteilte. Die Veränderung betrug damit 0,0 Prozent. In den verschiedenen Wirtschaftsbereichen fiel die Entwicklung allerdings unterschiedlich aus.
So verzeichnete der Dienstleistungsbereich mit einem Plus von 0,3 Prozent im Vorjahresvergleich einen leichten Zuwachs. Die größten Gewinne (2,2 Prozent plus oder 249.000 Menschen mehr) gab es dabei bei Öffentlichen Dienstleistern, in Erziehung und Gesundheit sowie im Bereich Information und Kommunikation (2,4 Prozent plus oder 33.000 Menschen mehr). Auch im Baugewerbe arbeiteten mehr Menschen als im Vorjahr.
Weniger Erwerbstätige dagegen als 2020 arbeiteten 2021 im Bereich Handel, Verkehr und Gastgewerbe – es waren 176.000 oder 1,8 Prozent weniger. Schon im Vorjahr war hier die Zahl der Erwerbstätigen um 2,1 Prozent gesunken. Auch im produzierenden Gewerbe ging die Zahl 2021 um 1,2 Prozent oder 96.000 Menschen zurück.
Die Zahl der Erwerbslosen nahm um 160.000 ab. Die Erwerbslosenquote ging damit um 0,3 Prozentpunkte auf 3,3 Prozent zurück.
Die Corona-Krise hatte 2020 dazu geführt, dass der 14 Jahre lang anhaltende Anstieg der Erwerbstätigkeit endete, wie die Statistiker erläuterten. Die Zahl der Erwerbstätigen war 2020 um 370.000 Menschen oder um 0,8 Prozent zurückgegangen. Kurzarbeitende zählen in der Statistik als Erwerbstätige.
Das Bundesarbeitsministerium wies darauf hin, dass sich die Zahl der Erwerbstätigen nach dem Einbruch vom Frühjahr 2020 wegen der Corona-Pandemie erholt habe. So sei die Marke von 45 Millionen Erwerbstätigen im Herbst 2021 wieder überschritten worden. „Die Arbeitsmarktlage ist auch dank des Einsatzes der Kurzarbeit vergleichsweise positiv“, sagte eine Sprecherin weiter der Nachrichtenagentur AFP.
Allerdings nimmt laut Statistischem Bundesamt auch abgesehen von Corona das so genannte Erwerbspotenzial aufgrund des demografischen Wandels ab. Und „die Überalterung der Gesellschaft wird derzeit immer weniger durch eine höhere Erwerbsbeteiligung der inländischen Bevölkerung sowie die Zuwanderung ausländischer Arbeitskräfte kompensiert“, warnte die Behörde.
Auf das Problem des demografischen Wandels wies auch das Bundesarbeitsministerium hin. „Neben einer steigenden Erwerbsbeteiligung vor allem von Älteren, Frauen und Personen mit Migrationshintergrund werden wir auch mehr qualifizierte Zuwanderung benötigen, um das derzeit hohe Niveau an Erwerbstätigen zu halten“, sagte die Sprecherin auf Anfrage.
„Wenn die Babyboomer in Rente gehen, wird es eine riesengroße Herausforderung, das Erwerbspotenzial zu stabilisieren“, sagte auch der Grünen-Arbeitsmarktexperte und frühere Verdi-Chef Frank Bsirske der Nachrichtenagentur AFP. Um dem demografischen Wandel zu begegnen, müsse an mehreren Stellschrauben gedreht werden. Dazu gehörten eine höhere Frauenerwerbstätigkeit, bessere Arbeitsbedingungen „und eine deutlich höhere Zuwanderung“. Hilfreich wäre zudem, wenn das Lohnniveau attraktiver werden würde, betonte Bsirske.
„Den positiven Arbeitsmarktzahlen stehen 800.000 unbesetzte Stellen gegenüber, was unsere wirtschaftliche Entwicklung gefährdet“, warnte auch der FDP-Arbeitsmarktexperte Pascal Kober gegenüber AFP. „Deshalb ist es dringend notwendig, dass die Modernisierung des Einwanderungsrechts jetzt schnell auf den Weg gebracht wird“, mahnte auch er. Zudem müsse es mehr Weiterbildungsmöglichkeiten geben.