Vor dem Holocaust-Gedenktag am Donnerstag mahnt der Zentralrat der Juden, die juristische Aufarbeitung der NS-Verbrechen weiter voranzutreiben. Solche Gerichtsverhandlungen seien auch nach langer Zeit nicht nur für die Opfer und deren Nachkommen von Bedeutung, sagte Zentralratspräsident Josef Schuster der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ vom Mittwoch. „Unserer Gesellschaft führen solche Prozesse noch einmal vor Augen, zu was Menschen fähig sind. Sie zeigen, wohin Hetze gegen Minderheiten führen kann.“
In einer am Mittwoch veröffentlichten Erklärung forderte der Zentralrat außerdem ein entschiedenes Eintreten gegen Judenhass. 77 Jahre nach dem Ende der Schoa sei in Deutschland „ein erschreckendes Ausmaß an Antisemitismus“ zu beobachten, erklärte der Verband.
„Damals begann es mit Worten und Ausgrenzung“, betonte der Zentralrat. „Es führte in den millionenfachen Judenmord. Um den Antisemitismus heute zurückzudrängen, müssen alle Bereiche der Gesellschaft zusammenwirken.“ Nötig seien „deutlich mehr Anstrengungen und eine selbstkritische Prüfung der eigenen Haltung“ in der Justiz, in Hochschulen und Schulen, in der Kultur sowie bei Polizei und Bundeswehr.
Der Zentralrat mahnte zudem, das von der Ampel-Koalition geplante Demokratiefördergesetz rasch auf den Weg zu bringen. Auch müsse der israelbezogene Antisemitismus stärker als bisher bekämpft werden.
Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) forderte ebenfalls ein entschlossenes Vorgehen gegen Antisemitismus. „Es bleibt unsere gesamtgesellschaftliche Aufgabe, der Opfer zu gedenken und ihre Würde zu bewahren, Gesicht zu zeigen und die Stimme zu erheben, gegen jede Form von Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus und Ausgrenzung“, erklärte sie.