Altes Bauwerk versus Jeff Bezos‘ neue Super-Jacht

Konigshaven-Brücke
Konigshaven-Brücke

Über die Koningshaven-Brücke in Rotterdam lässt sich trefflich streiten. Denn zum einen ist die 1878 erbaute Hubbrücke aus Stahl ein Hindernis für große moderne Schiffe, zum anderen gehört das historische Bauwerk seit fast 150 Jahren zum Stadtbild der niederländischen Hafenmetropole. Richtig hohe Wellen schlägt die Kontroverse nun, weil die Koningshaven-Brücke womöglich abgebaut werden soll, um für die neue Super-Jacht von US-Multimilliardär Jeff Bezos den Weg zum Meer freizumachen.

Das Bauwerk, das von den Rotterdamern einfach „De Hef“ – die Hubbrücke –  genannt wird, ist einfach zu niedrig für die Luxusjacht des Amazon-Gründers. Um ihr die Durchfahrt zur Nordsee zu erlauben, müsste der mittlere Teil der Brücke vorübergehend entfernt werden. Nach einer umfassenden Renovierung im Jahr 2017 hatte die Stadtverwaltung allerdings versprochen, das als nationales Monument eingestufte Bauwerk unversehrt zu lassen.

Bezos‘ fast 40 Meter hohe Segeljacht kann so aber nicht auf direktem Wege ins offene Meer hinausfahren. Das Schiff wurde in einer Werft des Unternehmens Oceanco in der Nähe von Rotterdam gebaut. Der Dreimaster soll Medienberichten zufolge 430 Millionen Euro gekostet haben.

Am Mittwoch vergangener Woche erklärte eine Sprecherin der Stadtverwaltung, diese habe positiv auf die Anfrage des Schiffsbauers reagiert, für Bezos‘ Super-Jacht die Brücke abzubauen. Ein Sprecher von Rotterdams Bürgermeister Ahmed Aboutaleb sagte, der US-Milliardär habe zugesichert, die Kosten für den Ab- und Wiederaufbau der Brücke zu übernehmen. Die Ankündigung sorgte für heftige Kontroversen.

„Unglaublich“ nannte das Vorhaben etwa Ton Wesselink, der eine Rotterdamer Organisation für den Schutz historischer Bauten leitet. „Anfangs dachte ich ehrlich gesagt, das wäre ein Aprilscherz“, sagte er dem öffentlich-rechtlichen Sender NOS. Wesselink befürchtet, das mit dem Abbau der Brücke ein „Präzedenzfall“ geschaffen würde. „Das ist ein Teil unseres Erbes, wir müssen darauf acht geben“, sagt er über die Hubbrücke, die 1940 bei einem Bombardement durch Nazi-Deutschland schwer beschädigt worden war.

Bürgermeister Aboutaleb sah sich gezwungen, noch während einer Dienstreise in Kolumbien abzuwiegeln. „Ich finde die Aufregung ziemlich eigenartig. Es wurde noch keine Entscheidung getroffen, nicht einmal ein Antrag auf Genehmigung“ sei eingegangen, sagte er laut der Zeitung „Algemeen Dagblad“ am Donnerstagabend. Wenn ein Antrag vorliege, werde die Stadtverwaltung das „wirtschaftliche Interesse, insbesondere das maritime Image unserer Region“ und die Auswirkungen auf die Brücke bewerten.

Dass der Käufer der Jacht einer der reichsten Menschen der Welt ist, „hat absolut nichts damit zu tun“, welche Entscheidung dann falle, versicherte der Bürgermeister Medienberichten zufolge. Mitentscheidend sei, ob ein Abbau der Brücke ohne langfristige Schäden und ohne Kosten für die Stadt möglich sei.

Einige Rotterdamer finden eine solch aufwendige Aktion angesichts der großen Bedeutung der Schifffahrt für ihre Stadt angemessen. Sollte es so weit kommen, „dann sollten wir vielleicht eher sehr stolz sein, dass dieses Schiff aus unserem Hafen kam“, sagt etwa die 30-jährige Unternehmerin Frouke von Loo.

Gegen einen Brückenabbau formiert sich allerdings auch Widerstand. In einer Facebook-Gruppe wird dazu aufgerufen, Bezos‘ Jacht in einer „spielerischen“ Form des Protests mit Eiern und Tomaten zu bewerfen. „Leute, die sehr viel Geld haben, müssen verstehen, dass sie sich nicht alles erlauben können“, begründete der Initiator Pablo Strörmann diesen Aufruf im „Algemeen Dagblad“.

Die 62-jährige Künstlerin Yolande Ferree, die in der Nähe der Brücke wohnt, findet die Aufregung „ein bisschen übertrieben“. Richtig sei allerdings: „De Hef ist eine alte Dame, sie ist ein bisschen anfällig.“ Um Probleme wie nun mit Bezos‘ Jacht zu umgehen, hat Ferree einen anderen Vorschlag: Die Werft solle einfach auf die andere Seite des Hafens umziehen.

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