Die russische Armee: Modern, zahlenstark, kampferprobt

Russische Soldaten
Russische Soldaten

Wochenland warnte der Westen vor einem russischen Großangriff auf die Ukraine. Der Kreml dementierte lange jegliche Angriffspläne, in der Nacht zum Donnerstag erteilte Präsident Wladimir Putin nun aber den Befehl für eine „Militäroperation“ in der Ukraine. Kurze Zeit später rollten bereits die ersten Panzer über die Grenze und russische Truppen drangen nach Angaben des ukrainischen Grenzschutzes in den nördlichen Teil der Hauptstadtregion Kiew vor.

Mit großen Investitionen in den vergangenen Jahren wurde aus der ehemals unterfinanzierten und von Korruption geplagten Sowjetarmee eine moderne, zahlenstarke und mittlerweile auch kampferprobte Truppe. Der ukrainischen Armee ist sie deutlich überlegen, was bereits die ersten Stunden nach dem Angriff zeigten.

Die Streitkräfte haben nur noch wenig gemein mit der Truppe, die in den 1990er Jahren Mühe hatte, die tschetschenischen Rebellen in Schach zu halten. Rund 900.000 russische Soldaten im aktiven Dienst verfügen heute über moderne Waffen wie das Luftabwehrsystem S-400 und den Kalibr-Marschflugkörper. Neue Hyperschallraketen hatte Putin zuletzt als „unbesiegbar“ angepriesen, da sie es mit dem verhassten, in Osteuropa installierten US-Raketenabwehrsystem aufnehmen können.

„Die Modernisierungsbemühungen in den letzten zehn Jahren waren für das reine Überleben der russischen Armee notwendig“, sagt der Militärexperte Wassili Kaschin von der Hochschule für Wirtschaft in Moskau. „Ein Großteil der Ausrüstung musste ausgetauscht und die Armee neu aufgebaut werden – und dies geschah in Rekordzeit.“

Seine neue militärische Stärke hat der Kreml mit seinem massiven Eingreifen in den Syrien-Konflikt seit 2015 bereits unter Beweis gestellt. Besonders russische Luftangriffe auf Stellungen der Gegner von Machthaber Baschar Al-Assad haben es diesem ermöglicht, die Kontrolle über den Großteil des Landes wiederzugewinnen.

Seit Wochen hatte Moskau schweres Kriegsgerät wenige Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt aufgefahren. Aufnahmen in den Online-Netzwerken zeigen nagelneue Panzer, zu dutzenden im Schnee geparkt oder auf schier endlosen Transportwaggons aufgereiht.

Im Partnerland Belarus paradierten russische Soldaten in weißer Tarnkleidung mit Kalaschnikows und feuerten Raketenwerfer in Salven ab. Im Mittelmeer und im Schwarzen Meer patrouillierten Kampfschiffe und U-Boote unweit der Häfen der EU-Staaten. Am Donnerstagmorgen drangen Bodentruppen aus mehreren Richtungen auf ukrainisches Territorium vor.

Da der Westen die Entsendung von Nato-Truppen in die Ukraine ausschließt, setzt er auf harte Sanktionen. Berlin reagierte auf Moskaus Eskalationskurs mit dem Stopp von Nord Stream 2. Nicht zuletzt Deutschland ist zwar hochgradig von russischen Gasimporten abhängig, doch Russland kann wirtschaftlich genauso wenig auf die Einkünfte aus seinen Energieexporten gen Westen verzichten. Sanktionen wie der Ausschluss von den internationalen Finanzmärkten würden Moskau hart treffen.

Dies gilt umso mehr, da die russische Wirtschaft auch im Lichte der Milliardeninvestitionen in das Militär eine dringend nötige Diversifizierung und Modernisierung bislang verpasst hat. Russlands Streitkräfte haben die Wirren der Zeit nach dem Zerfall der Sowjetunion hinter sich gelassen, Infrastruktur und Sozialsystem in Russland hinken jedoch hinterher.

Auch hat die durchaus beeindruckende Aufrüstung Russlands das Kräfteverhältnis mit dem Westen und insbesondere mit den USA nicht grundlegend verändert. Laut Militärexperte Kaschin könnte die russische Armee den US-Streitkräften „eine gewisse Zeit standhalten“. Washington habe aber weiterhin „eine bedeutende militärische Überlegenheit“.

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