In Hessen steht ein Machtwechsel bevor: Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) kündigte am Freitag bei einer Klausurtagung des hessischen CDU-Landesverbands in Fulda an, am 31. Mai von seinen Ämtern zurückzutreten. Sein Nachfolger als Ministerpräsident und als Vorsitzender des Landesverbands soll Landtagspräsident Boris Rhein (CDU) werden.
Er habe die Entscheidung bereits im vergangenen Juli getroffen, sagte Bouffier. Jetzt sei der richtige Zeitpunkt für die Abgabe der Regierungsverantwortung. „Es sind nunmehr 27 Jahre, die ich die Ehre und Freude hatte, in meinem Heimatland Hessen Regierungsverantwortung zu tragen“, sagte Bouffier. Davon war er fast zwölf Jahre Ministerpräsident.
Seit 2018 ist er der dienstälteste Landeschef Deutschlands. „Für diese Zeit bin ich sehr dankbar, und die Aufgabe habe ich mit großer Freude wahrgenommen“, fügte er hinzu.
Nach einer so langen Amtszeit sei es notwendig, sich selbst und der Öffentlichkeit gegenüber Klarheit zu verschaffen, ob man das Amt weiterhin wahrnehmen solle oder könne, sagte Bouffier. Alles habe seine Zeit. „Für die hessische CDU ist das natürlich eine Zäsur nach so vielen Jahren“, sagte Bouffier.
Er werde seinen Rücktritt bei der Plenarsitzung am 31. Mai einreichen, damit Rhein zu seinem Nachfolger gewählt werden könne, sagte Bouffier. Die CDU sei seinem Vorschlag beim achten Künzeller Treffen am Freitag in Fulda einstimmig gefolgt. Damit habe Rhein „die beste Unterstützung, die eine Partei geben kann“. Er bringe die besten Voraussetzungen mit, die schwarz-grüne Koalition fortzusetzen.
Die Grünen-Spitze habe er im Vorfeld über seine Entscheidung informiert, sagte Bouffier. Ob er am 31. Mai auch sein Landtagsmandat abgeben wird, hat er eigenen Angaben zufolge noch nicht entschieden. Bei einem Landesparteitag am 1. Juli soll Rhein zudem zum CDU-Landesvorsitzenden gewählt werden.
Er sei von diesem Votum „überwältigt“, sagte Rhein vor Journalisten am Nachmittag. „Ich bin dafür außergewöhnlich dankbar.“ Der Stabwechsel sei die Grundlage für einen Erfolg bei der Landtagswahl 2023. Es sei ein Übergang „in Übereinstimmung und Freundschaft“. Wann genau er von Bouffiers Plänen erfahren hatte, ließ Rhein offen. Vor der Aufgabe habe er Respekt.
Der 50-jährige Rhein war unter Bouffier zunächst Innenminister, bevor er 2014 ins Ministerium für Wissenschaft und Kunst wechselte. Seit 2019 ist er Präsident des hessischen Landtags. Die nächste Landtagswahl findet voraussichtlich im Herbst 2023 statt.
„Wir sind zuversichtlich, dass wir mit Boris Rhein weiterhin erfolgreich zusammenarbeiten werden“, erklärte Grünen-Fraktionsvorsitzender Mathias Wagner. Als Landtagspräsident habe er sich in den vergangenen Jahren den Respekt der Fraktion und des gesamten Landtags erworben. Die schwarz-grüne Regierungskoalition besteht seit 2013.
Die Amtszeit von Rhein als Ministerpräsident werde kurz sein, teilte die SPD-Fraktion am Freitag mit. „Spannend ist die Frage, ob es der schwarz-grünen Regierungskoalition gelingt, ihre denkbar dünne Mehrheit von nur einer Stimme im Landtag zusammenzuhalten und den bisherigen Landtagspräsidenten zum neuen Ministerpräsidenten zu wählen“, erklärte Fraktionsvorsitzender Günter Rudolph.
Das Künzeller Treffen ist die traditionelle Jahresauftaktklausur der hessischen CDU sowie ihrer Landtagsfraktion. Geladen sind zudem die hessischen Bundestags- und Europaabgeordneten der Partei sowie kommunale Spitzenvertreter. Wegen der Corona-Pandemie wurde es von Künzell in ein Kongresszentrum im benachbarten Fulda verlegt.