Krieg der Worte in den USA

US-Capitol/Kongress - Bild: pamelasphotopoetry via Twenty20
US-Capitol/Kongress - Bild: pamelasphotopoetry via Twenty20

In Kriegszeiten, so will es die Tradition, halten die USA eisern zusammen, parteipolitische Streitereien werden hinten angestellt. Beim russischen Angriff auf die Ukraine sieht das Bild ganz anders aus: Die oppositionellen Republikaner nutzen die Militäroffensive zu Angriffen auf Präsident Joe Biden, dem sie Schwäche im Umgang mit dem russischen Staatschef Wladimir Putin vorwerfen. Ganz vorne dabei ist Ex-Präsident Donald Trump, dessen öffentliche Wortmeldungen immer bizarrere Formen annehmen.

Bereits am Dienstag hatte der Rechtspopulist für Aufsehen gesorgt, als er Putins Vorgehen in der Ukraine-Krise als „genial“ lobte. Die Anerkennung der Separatistengebiete in der Ostukraine und die Ankündigung der Entsendung angeblicher Friedenstruppen sei ganz einfach „schlau“, sagte der 75-Jährige in einem Radio-Interview.

Nach Beginn der russischen Militäroffensive am Donnerstag meldete Trump sich dann im konservativen Nachrichtensender Fox News zu Wort – und attackierte und beleidigte seinen Nachfolger Biden. Putin sehe „die Schwäche und Inkompetenz und Dummheit dieser US-Regierung“, sagte Trump, dem Kritiker während seiner Amtszeit selbst eine zu nachgiebige Haltung gegenüber Moskau vorgeworfen hatten. „Als Amerikaner bin ich wütend und traurig.“

Trump ist mit seinem Verhalten bei seinen Republikanern bei weitem nicht allein. Der rechte Parteiflügel liefert sich förmlich einen Wettstreit um die schärfsten Attacken auf den Demokraten Biden. „DAS ist es, was passiert, wenn Amerikas Feinde einen schwachen und inkompetenten US-Präsidenten sehen“, twitterte der Abgeordnete Scott Perry. Sein Parteifreund Paul Gosar erklärte: „Trump hat das Unmögliche vollbracht und Frieden in den Nahen Osten gebracht. Biden hat das Unmögliche vollbracht und Krieg nach Europa gebracht.“

Über Bidens Strategie in der Ukraine-Krise hatte es in den USA schon in den vergangenen Wochen Debatten gegeben. Die Republikaner werfen dem Präsidenten unter anderem vor, er hätte schon früher harte Sanktionen gegen Putin verhängen müssen, um einen russischen Einmarsch in die Ukraine zu verhindern.

Während solche Auseinandersetzungen über den richtigen Kurs in außenpolitischen Krisen nicht ungewöhnlich sind, haben sie angesichts der wachsenden politischen Spaltung der USA eine neue Dimension bekommen.

„Der Kongress legt innenpolitische Rivalitäten nicht länger zur Seite, um nach außen eine starke geschlossene Front zu bilden, und das ist eine sehr schlechte Entwicklung“, sagte die Politikexpertin Carly Cooperman kurz vor Beginn der russischen Militäroffensive der Nachrichtenagentur AFP. „Das lässt uns schwach erscheinen, ermutigt Putin und schadet unserer Demokratie.“

Doch die Republikaner scheinen solche Erwägungen hinten anzustellen – zumal im Herbst die Kongress-Zwischenwahlen anstehen, bei denen die Konservativen die Mehrheiten in Senat und Repräsentantenhaus zurückerobern wollen.

Eine angebliche Schwäche Bidens ist schon lange eine Angriffslinie der Republikaner, schon nach dem missratenen US-Truppenabzug aus Afghanistan hatten sie diesen Kurs gefahren. Rechte Kommentatoren stellen immer wieder die geistigen Fähigkeiten des mit 79 Jahren ältesten Präsidenten der US-Geschichte infrage.

Allerdings war es nun Trump, der mit einem Patzer für Kopfschütteln sorgte: In dem Fox-News-Interview glaubte er, die US-Armee greife zugunsten der Ukraine in den Konflikt ein. Nachdem Moderatorin Laura Ingraham Berichte über einen russischen Angriff mit Amphibienfahrzeugen auf die Hafenstadt Odessa erwähnte, sprach Trump von einem „amphibischen Angriff der Amerikaner“. „Nein, das sind die Russen“, korrigierte Ingraham.

Derweil sorgt ein am Mittwochabend aufgezeichnetes Video, in dem Trump bei einer Veranstaltung in seinem Luxusanwesen Mar-a-Lago erneut Putin lobte, für neuen Wirbel. „Er nimmt ein Land im Gegenzug für Sanktionen in Höhe von zwei Dollar ein. Ich würde sagen, das ist ziemlich schlau.“

Hatte das Weiße Haus in den vergangenen Tagen zurückhaltend kühl auf die Einwürfe des früheren Präsidenten reagiert, platzte einem Biden-Sprecher nun der Kragen: Auf Twitter verglich Vize-Sprecher Andrew Bates Trump und Putin mit „Schweinen“: „Zwei ekelhafte ängstliche Schweine, die hassen, wofür Amerika steht, und deren Handlungen durch ihre eigene Schwäche und Unsicherheit angetrieben werden, reiben ihre Rüssel aneinander und feiern, während unschuldige Menschen ihr Leben verlieren.“

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