Großbritannien hat Russland im Ukraine-Konflikt zum Abzug seiner Truppen von der Grenze zum Nachbarland aufgerufen. Soldaten und militärische Ausrüstung müssten von der ukrainischen Grenze „woanders hin verlegt werden, da sie sich derzeit in einer sehr bedrohlichen Stellung befinden“, sagte die britische Außenministerin Liz Truss bei einer Pressekonferenz mit ihrem russischen Kollegen Sergej Lawrow in Moskau am Donnerstag.
Truss war am Mittwoch zu einer zweitägigen Reise nach Moskau aufgebrochen. Es handelte sich um den ersten Besuch einer britischen Außenministerin in Russland seit mehr als vier Jahren. Lawrow hatte das Treffen mit Truss im Vorfeld als „beispiellos“ bezeichnet. Falls Großbritannien seine Beziehungen zu Moskau verbessern wolle, „werden wir das natürlich erwidern“, erklärte er. Die Beziehungen zwischen Russland und Großbritannien sind insbesondere seit der Vergiftung des früheren russischen Doppelagenten Sergej Skripal und seiner Tochter in England 2018 extrem angespannt.
Westliche Staaten haben auf der Suche nach einer Lösung im Ukraine-Konflikt ihre diplomatischen Bemühungen zuletzt verstärkt. Der britische Premierminister Boris Johnson reiste am Donnerstag zu politischen Gesprächen mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg nach Brüssel. Im Anschluss sollte er nach Polen weiterreisen, um sich mit dem polnischen Regierungschef Mateusz Morawiecki zu beraten.
Am Freitag reist zudem der britische Verteidigungsminister Ben Wallace für ein Treffen mit seinem russischen Kollegen Sergej Schoigu nach Moskau. Wallace erklärte am Donnerstag, London setze bei der Suche nach einer Lösung in der Ukraine-Krise auf den Dialog. Die Nato werde jedoch im Fall eines Scheiterns des diplomatischen Wegs nicht zögern zu handeln.
„Wir wollen einen Dialog, wir wollen einen Ausweg finden, aber Russland setzt auch die Hälfte seiner Kampftruppen an den Grenzen zur Ukraine und in Belarus ein, und wir werden das nicht ohne eine Reaktion der Nato zur Verteidigung ihrer Mitglieder zulassen“, sagte Wallace dem Sender BBC.
Moskau hat nach westlichen Angaben in den vergangenen Monaten mehr als 100.000 Soldaten an der Grenze zur Ukraine zusammengezogen. Dies verstärkt die Furcht vor einem möglichen Großangriff Russlands auf das Nachbarland. Russland weist jegliche Angriffspläne zurück. Zugleich führt der Kreml ins Feld, sich von der Nato bedroht zu fühlen. Von dem Militärbündnis sowie von den USA fordert Staatschef Wladimir Putin umfassende Sicherheitsgarantien.