Friedrich Merz hat als Oppositionsführer nun alle Fäden in der Hand: Nach der Übernahme des CDU-Vorsitzes wurde der 66-Jährige am Dienstag auch zum Fraktionschef der Union im Bundestag gewählt – er erhielt 89,5 Prozent der Stimmen der Abgeordneten von CDU und CSU. Gegenkandidaten gab es nicht. Der bisherige Amtsinhaber Ralf Brinkhaus hatte Ende Januar auf eine weitere Kandidatur verzichtet.
Merz bedankte sich für das „eindrucksvolle Vertrauensvotum“. Mit der Zusammenlegung von CDU-Parteiführung und Fraktionsvorsitz könne die Union nun „klar und deutlich auch Politik einheitlich und einvernehmlich miteinander formulieren“. Merz war bereits von 2000 bis 2002 Fraktionschef gewesen, musste den Posten dann aber der späteren Kanzlerin Angela Merkel überlassen.
CSU-Chef Markus Söder sah mit der Wahl von Merz ein klares Signal: „Wir bündeln unsere Kräfte und werden mit ihm als starkem Oppositionsführer eine konstruktiv-kritische Opposition“, schrieb der bayerische Regierungschef auf Twitter.
Aufgabe sei es hierbei, nicht nur die Regierung zu kontrollieren, sondern auch „Alternativen zu entwickeln“, sagte Merz. Dies habe die Unionsfraktion am Dienstag gerade mit dem Beschluss ihres Vorschlags für ein vorsorgliches Impfpflichtgesetz getan, bei dem die Impfpflicht erst durch einen gesonderten Bundestagsbeschluss aktiviert werden würde.
Als weitere wichtige Themen der Oppositionsarbeit sah Merz die Vereinbarkeit von sozialer Marktwirtschaft und Klimawandel, innere und äußere Sicherheit sowie eine Reform der sozialen Sicherungssysteme angesichts des demografischen Wandels. Bei letzterem brauche es aus seiner Sicht „einen neuen Generationenvertrag insbesondere auch zugunsten der jungen Generation“.
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt nannte konkret hohe Inflation und Energiepreise als Thema. Deshalb stelle die Union Ende der Woche den Antrag im Bundestag, „dass die Bundesregierung sich über die Absenkung der Energiepreise stärker Gedanken macht, als das bisher der Fall ist“. Dobrindt forderte dabei „einen Anti-teuer-Gipfel“.
Merz war im Januar mit 95 Prozent der Delegiertenstimmen zum neuen CDU-Chef gewählt worden. Er löste damit den glücklosen Parteichef Armin Laschet ab, der nach dem historisch schlechten Abschneiden der Union bei der Bundestagswahl seinen Rückzug eingeleitet hatte.
Brinkhaus war seit September 2018 Fraktionschef der CDU/CSU gewesen. Er war nach der Bundestagswahl mit 85 Prozent zunächst vorläufig bis Ende April im Amt bestätigt worden. Er machte damals klar, dass er den Posten auch gerne weiter behalten wolle. Er zog sich dann aber zurück, um eine Kampfkandidatur mit Merz zu vermeiden.
Brinkhaus blickte bewegt auf seine Zeit als Fraktionschef zurück. „Ich habe das gerne gemacht, ich habe das geatmet und gelebt“, sagte Brinkhaus vor der Wahl von Merz. Die Arbeit sei „unglaublich schön und herausfordernd“ gewesen.
Merz dankte Brinkhaus dafür, dass er den Weg dafür geöffnet habe, „dass Partei- und Fraktionsvorsitz in einer Hand liegen“. Söder sprach seinerseits von einer „hervorragenden Zusammenarbeit in den vergangenen Jahren“ mit dem Nordrhein-Westfalen.