Staatschef von Guinea-Bissau überlebt nach eigenen Angaben Mordanschlag

Umaro Sissoco Embalo (li.) gemeinsam mit Boris Johnson (re.) - Bild: Karwai Tang/ UK Government
Umaro Sissoco Embalo (li.) gemeinsam mit Boris Johnson (re.) - Bild: Karwai Tang/ UK Government

Der Staatschef von Guinea-Bissau, Umaro Sissoco Embalo, hat nach eigenen Angaben einen Mordanschlag überlebt. Bei dem Angriff auf seinen Amtssitz sei es darum gegangen, „den Präsidenten der Republik und das gesamte Kabinett zu töten“, sagte Embalo am Dienstagabend. Der Präsidentenpalast sei „fünf Stunden lang unter heftigem Beschuss aus schweren Waffen“ gestanden. Es habe „viele Tote“ gegeben, sagte er weiter.

Embalo vermutete, dass der mutmaßliche Putschversuch „von denjenigen ausgehen muss, die gegen die Entscheidungen sind, die ich getroffen habe, insbesondere im Kampf gegen den Drogenhandel und die Korruption“. Er sprach von einem „sehr gut vorbereiteten und organisierten Akt“, aber auch von einem „isolierten Akt“. Embalo berichtete von ersten Verhaftungen.

Nach den Schüssen am Präsidentenpalast in der Hauptstadt von Guinea-Bissau wuchs die Angst vor einem weiteren Putsch im Westen Afrikas. Der Regierungssitz in Bissau war am Dienstagnachmittag von schwer bewaffneten Männern umstellt, wie AFP-Reporter berichteten. Die UNO rief zu einem sofortigen Ende der Kämpfe auf. Die westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas sprach von einem „versuchten Staatsstreich“. In einem Telefonat mit AFP versicherte Staatschef Umaro Sissoco Embalo jedoch, dass die Situation „unter Kontrolle“ sei.

Wer die Schüsse abfeuerte, war zunächst unklar. Verschiedenen Berichten zufolge wurden am frühen Nachmittag bewaffnete Männer beim Betreten des Präsidentenpalastes gesehen, in dem verschiedene Ministerien untergebracht sind. Einige Zeugen beschrieben die Bewaffneten als Militärs, andere als Zivilisten.

Die Bewaffneten rund um den Palast hielten die Menschen auf Abstand. Ein AFP-Reporter berichtete, er sei von einem Bewaffneten mit vorgehaltener Waffe aufgefordert worden, sich zu entfernen. Bewohner flohen aus ihren Häusern. Die Märkte leerten sich und die Banken schlossen ihre Pforten. Militärfahrzeuge patrouillierten in den Straßen.

Das Auswärtige Amt warnte Deutsche in dem Land, sich von Menschenansammlungen fernzuhalten. Die Lage sei „volatil und unübersichtlich“.

UN-Generalsekretär António Guterres forderte ein sofortiges Ende der Kämpfe in dem kleinen westafrikanischen Staat und „die volle Achtung der demokratischen Institutionen des Landes“. Er sei „besorgt“ angesichts der Schüsse, hieß es in einer Erklärung. Die Ecowas verurteilte „diesen versuchten Staatsstreich“ und machte „das Militär für das Wohlergehen von Präsident Umaro Sissoco Embalo und Mitgliedern seiner Regierung verantwortlich“. Auch die Afrikanische Union (AU) zeigte sich zutiefst besorgt über den „versuchten Putsch“ und forderte die Militärs auf, sich wieder in ihre Kasernen zu begeben.

Guinea-Bissau mit seinen etwa zwei Millionen Einwohnern liegt im Westen Afrikas zwischen Senegal und Guinea. Seine Geschichte ist geprägt von politischen Umstürzen: Seit es 1974 nach einem langen Befreiungskrieg von Portugal unabhängig wurde, gab es vier Putsche, den letzten im Jahr 2012.

Seit 2014 befindet sich das Land auf dem Weg zurück zu einer verfassungsmäßigen Ordnung. Jedoch gibt es immer wieder Rückschläge durch wechselnde Regierungen, Putschversuche und Gewalt. Das Land leidet unter massiver Korruption und gilt als Drehscheibe für den Kokainhandel zwischen Lateinamerika und Europa.

Seit Anfang 2020 wird Guinea-Bissau von Präsident Embalo, einem ehemaligen General, regiert. Der Amtsantritt des 49-Jährigen war umstritten und von anhaltenden Protesten begleitet.

Die Ereignisse vom Dienstag erinnern an die Putschserie, die seit 2020 Westafrika erschüttert: In Mali putschte die Armee im August 2020 und erneut im Mai 2021, in Guinea im September 2021 und in Burkina Faso übernahmen Militärs im Januar die Macht. Die Lage in diesen Ländern ist auch auf einem Gipfeltreffen der Ecowas in dieser Woche Thema.

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