Die Zahl der Todesfälle nach dem Konsum von gepanschtem Kokain in Argentinien ist auf mindestens 22 gestiegen. Die Provinzregierung von Buenos Aires teilte am Donnerstagabend mit, dass weiterhin 20 Menschen künstlich beatmet werden müssen, nachdem seit der Nacht vom Dienstag mehr als 80 Menschen nach dem Konsum des mit einer giftigen Substanz gestreckten Rauschgifts in Krankenhäuser eingeliefert wurden.
Nachdem die Behörden am Mittwoch fieberhaft nach der Quelle und den Abnehmern der tödlichen Drogen gesucht hatten, gaben sie am Donnerstag Entwarnung. „Im Prinzip haben wir die Situation stabilisiert“, sagte der Kabinettschef der Provinzregierung, Carlos Bianco. Er sprach von einer „großen Tragödie“, die dank der Beschlagnahmung „einer großen Menge an Dosen“ in den vergangenen 24 Stunden verhindert werden konnte.
Der Gesundheitsminister der Provinz, Nicolás Kreplak, bestätigte, dass die Verkaufsstelle für das Kokain in Loma Hermosa, einem Armenviertel 40 Kilometer nordwestlich von Buenos Aires, „ausgehoben und 20.000 Dosen beschlagnahmt“ worden sei. Er gab nicht an, wie viele Dosen davon tatsächlich gepanscht waren.
Drei Drogenhändler einer Bande, die die Verkaufsstelle, eine unbewohnte Ruine, kontrollierten, wurden am Donnerstag im Morgengrauen festgenommen. Die Behörden hatten am Mittwoch zehn Festnahmen bestätigt. Acht Verdächtige befanden sich am Donnerstag weiterhin in Gewahrsam, wie lokale Medien berichteten.
Welche Substanz genau die Todesfälle ausgelöst hatte, war auch am Donnerstag noch nicht klar. Das Sicherheitsministerium der Provinz hatte am Mittwoch allerdings von Anzeichen einer „Opiatvergiftung“ gesprochen. Der Sicherheitsminister Sergio Berni sagte, die Behörden seien sich der Ursache „indirekt“ sicher. Demnach habe es sich um eine Unachtsamkeit der Dealer gehandelt, die die Drogen streckten. Eine gezielte Vergiftung der Kokain-Päckchen im Rahmen eines Revierkampfs zwischen Drogenbanden schloss er indessen aus.
Insgesamt hatten binnen 36 Stunden 214 Patienten im Zusammenhang mit Kokainkonsum ärztliche Hilfe gesucht. Die meisten kamen laut Behördenangaben aber „überwiegend wegen leichterer Fälle“, mit Symptomen wie „Bewusstseinsstörungen, Erbrechen, Unwohlsein und Kopfschmerzen“.
Dem nationalen Sicherheitsminister Anibal Fernandez zufolge ist das Drogenproblem im Großraum Buenos Aires „so ernst wie immer“. Erschwerend kämen derzeit allerdings „Überproduktion und ein überbordendes Angebot“ an Substanzen zu niedrigen Preisen und von schlechter Qualität hinzu. Sergio Berni schätzte, dass in der Provinz Buenos Aires mit ihren 18 Millionen Einwohnern „etwa 250.000 Dosen Kokain pro Tag“ verkauft werden – vorsichtig geschätzt.
Argentinien ist seit den 1970er Jahren zu einem wichtigen Importland für Drogen geworden. Beschlagnahmten die Behörden Mitte der 1980er noch eine halbe Tonne Kokain pro Jahr, waren es 2017 12,1 Tonnen des Rauschgifts. Experten zufolge ist einer der wichtigsten Faktoren für Drogenkonsum die weitverbreitete Armut in dem lateinamerikanischen Land. Der Kokainkonsum ist jedoch in allen Gesellschaftsschichten verbreitet.