Tausende Nutzerinnen und Nutzer haben Ende Februar auf Facebook ein Video geteilt, in dem russische Politiker rund um Präsident Wladimir Putin in Gelächter ausbrechen. Die Untertitel legen nahe, dass sie über Äußerungen des österreichischen Kanzlers Karl Nehammer (ÖVP) zur Ukraine-Krise spotten. Das Video stammt allerdings aus dem Jahr 2017 und die Untertitel sind frei erfunden.
Ein Video zeigt wie die Schilderung eines Mannes den russischen Präsidenten Wladimir Putin zum Lachen bringt. Tausende User haben seit 22. Februar, kurz vor Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine, das Video des lachenden Putin auf Facebook geteilt. Auf TikTok sahen es ebenfalls Zehntausende.
Die Behauptung
Die eingeblendeten Untertitel zeigen den angeblichen Grund für das Gelächter. Der österreichische Kanzler habe eine Expertenkommission in Bezug auf die Ukraine einberufen. Dessen Resultat sei, dass Österreich Russland vor einem Einmarsch in die Ukraine warne. Putin amüsiert sich darüber und fragt laut den Untertiteln mehrfach nach, wo Österreich liege. „Ein aktuelles Highlight aus Österreich“ schreibt der Posting-Autor auf Facebook dazu, auf TikTok steht zum Video „traurig aber wahr“.
Zum Krieg in der Ukraine kursieren derzeit zahlreiche Falschinformationen. AFP widerlegte etwa bereits ein Video von angeblichen russischen Militärflugzeugen über der Ukraine, das Bild eines vermeintlichen Luftangriffs auf Kiew oder die veralteten Aufnahmen russischer Fallschirmspringer. AFP sammelt Faktenchecks im Kontext des Ukraine-Konflikts hier.
Auch das aktuell geteilte Video stand bereits im Fokus eines Faktenchecks von AFP. User hatten es mit der Behauptung verbreitet, Putin mache sich darin über Äußerungen der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) während ihres Besuchs in der Ukraine im Januar 2022 lustig.
Falsche Untertitel
Eine Rückwärtssuche nach Einzelbildern des Clips führte AFP zu einem Treffen zur landwirtschaftlichen Entwicklung Russlands in der russischen Region Woronesch am 13. Oktober 2017. Sowohl die russische als auch die internationale Presse berichteten damals über das Treffen und erwähnten den eigentlichen Grund für Putins Lachen.
Der damalige russische Landwirtschaftsminister Alexander Tkatschow schlug während des Treffens vor, Schweinefleisch in das mehrheitlich muslimische Indonesien zu exportieren. Tkatschow sagte damals, dass Deutschland Schweinefleisch nach „China, Indonesien, in Teile von Japan, Korea und so weiter“ ausführe. Wladimir Putin warf an Tkatschow gerichtet ein: „Indonesien ist ein muslimisches Land, dort essen sie kein Schweinefleisch.“
Der Kreml veröffentlichte auf seiner Website ein Video des Treffens samt Wortlautprotokoll. AFP hat die Übersetzung zudem selbst überprüft. Im oberen Bildrand ist außerdem das Logo des deutschen Mediums „Welt“ eingeblendet. „Welt“ veröffentlichte das Video im Oktober 2017 und nannte in einer Einblendung auch den Vorschlag Tkatschows als Grund für Putins Lachen. Dieser Hinweis ist im aktuell geteilten Video aber weggeschnitten.
Die Untertitel des aktuell verbreiteten Videos geben die Szene hingegen ganz anders wieder. Demnach habe Tkatschow gesagt, dass der österreichische Kanzler „in Bezug auf die Ukraine eine eigene Expertenkommission einberufen“ habe. Putin fragt angeblich zwei Mal nach, wo Österreich liegt. Tkatschow informiert weiter über das angebliche Resultat der Expertenkommission: Österreich warne Russland vor einem Einmarsch in die Ukraine. Die Männer lachen.
Österreichs Position
Österreichs Kanzler Karl Nehammer äußerte sich tatsächlich mehrfach zum Konflikt in der Ukraine (hier, hier, hier). Die Anerkennung der Separatistenregionen in der Ostukraine durch Russland bezeichnete er in einem Tweet am 21. Februar als „klare Verletzung der Minsker Abkommen und ein Affront gegen die diplomatischen Bemühungen für eine friedliche Lösung“.
Am Morgen des russischen Einmarsches am 24. Februar twitterte er: „Die erneuten Angriffe Russlands auf die territoriale Integrität & Souveränität der Ukraine verurteilen wir zutiefst. In diesen schweren Stunden sind unsere Gedanken bei der Bevölkerung der Ukraine. Dies darf nicht unbeantwortet bleiben.“ Gemeinsam mit Präsident Alexander Van der Bellen sprach er am 2. März von einer durch Russland überschrittenen roten Linie und sagte: „Wir werden dafür sorgen, dass Russlands Verletzungen des Völkerrechts nicht unbeantwortet bleiben.“
Fazit
Die Untertitel des Videos sind falsch. Das Video entstand 2017 bei einem Treffen zur Entwicklung der russischen Landwirtschaft. Die Politiker lachen dort nicht über Österreichs Haltung zur Ukraine-Krise, sondern über einen Vorschlag zum Export von Schweinefleisch.