Im vergangenen Jahr sind in Deutschland so viele Neubauwohnungen genehmigt worden wie seit über 20 Jahren nicht. Die zuständigen Baubehörden erteilten in knapp 381.000 Fällen eine Genehmigung, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Donnerstag mitteilte. Das waren 3,3 Prozent mehr als im Jahr 2020. Die Baubranche betonte, dass längst nicht jede genehmigte Wohnung auch gebaut werde.
Eine höhere Zahl an Genehmigungen als 2021 gab es laut Statistikamt zuletzt 1999 – damals waren es rund 437.000 gewesen. Die meisten Genehmigungen wurden im vergangenen Jahr für Mehrfamilienhäuser erteilt, es waren fast 194.000. Eine Genehmigung für ein Einfamilienhaus wurde demnach knapp 94.000 mal erteilt, für ein Zweifamilienhaus rund 32.100 mal.
Bei den Zweifamilienhäusern war die Zunahme mit 25,1 Prozent im Vorjahresvergleich besonders groß – laut Statistikamt war dies zum Teil auf das Auslaufen des Baukindergelds im ersten Quartal und auf das Ende der Förderung von Häusern mit Energieeffizienzstufe 55 zurückzuführen.
Der starke Preisanstieg bei Baumaterialien wie Holz, Stahl und Stahlbeton wirkte sich auf die vorwiegend verwendeten Baustoffe aus: Die Zahl der Baugenehmigungen für Neubauten, bei denen Holz oder Stahl und Stahlbeton die vorwiegend verwendeten Baustoffe waren, ging in der zweiten Jahreshälfte zurück, nachdem die Zahlen bis zur Jahresmitte noch angestiegen waren.
Die Zahl der Baugenehmigungen ist ein wichtiger Indikator zur Einschätzung der künftigen Bauaktivität. In Deutschland gibt es allerdings einen großen Bauüberhang: Wohnungen sind zwar genehmigt, aber noch nicht gebaut. 2020 etwa waren knapp 369.000 Genehmigungen erteilt worden, rund 306.000 Wohnungen wurden fertiggestellt. Die Zahl der Baufertigstellungen im Jahr 2021 will das Statistikamt Mitte des Jahres veröffentlichen.
Die neue Regierung hat das Ziel ausgegeben, im Jahr 400.000 neue Wohnungen zu bauen, 100.000 davon öffentlich geförderte Sozialwohnungen. Die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt forderte die Regierung erneut auf, den Wohnungsbau zu einer hohen Priorität zu erklären und verwies auch auf den Ukraine-Krieg: Schon jetzt sei der Nachholbedarf beim Neubau enorm; angesichts vieler zu erwartender Flüchtlinge aus der Ukraine, die teils auch dauerhaft bleiben, werde die Zahl der benötigten Wohnungen steigen.
Nötig sei dabei auch eine „Umbau-Offensive“, erklärte die IG BAU. Gerade in Großstädten könne aus der vorhandenen Gebäudesubstanz „erstaunlich viel herausgeholt werden“.
Der Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel forderte eine enge Zusammenarbeit zwischen den Ministerien für Bau, Wirtschaft und Klimaschutz sowie Finanzen. Zu höheren Preisen für Energie und Baustoffe komme der Ukraine-Krieg; die Regierung müsse sich auf diese „neue Situation einstellen“. Sie müsse an ihrem Neubauziel für das Jahr festhalten und „dafür sorgen, dass sie es erreicht“.