Vertreter von Opfern des Holocausts werfen Russland eine missbräuchliche Nutzung historischer Begriffe für die Begründung des Angriffskrieges in der Ukraine vor. Dass Russlands Präsident Wladimir Putin von einer „Entnazifizierung“ der Ukraine und andernfalls drohendem „Völkermord“ spreche, sei nicht akzeptabel, erklärten Vertreter der Komitees ehemaliger nationalsozialistischer Konzentrations- und Vernichtungslager am Mittwoch. „Wir können nicht akzeptieren, dass diese Worte missbraucht werden.“
Die Unterzeichner des Schreibens bezeichnen sich darin als „Hüter des Gedenkens an die Opfer“. Als solche seien sie „den zugrunde liegenden historischen Realitäten verpflichtet“. Sie kommen demnach aus mehr als zehn Ländern und repräsentieren unter anderem die Opferverbände der NS-Konzentrationslager von Mauthausen, Auschwitz, Dachau, Buchenwald-Dora und Ravensbrück.
Putin hatte seinen Einmarsch in die Ukraine unter anderem damit begründet, die russischsprachige Bevölkerung des Nachbarlandes müsse vor „einem Völkermord durch das Kiewer Regime“ geschützt werden. Seit Beginn der Kämpfe fordert Moskau immer wieder die „Entnazifizierung“ der Ukraine als eine der Bedingungen für ein Ende der Offensive.
Auch die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Israel kritisierte diese Äußerungen als „Banalisierung“ und „Verzerrung historischer Fakten“. Das US-Holocaust Memorial Museum in Washington erklärte, Putin „verzerrt und verdreht die Geschichte“, indem er „fälschlicherweise behauptet, die demokratische Ukraine müsse entnazifiziert werden“. Und „ebenso unbegründet sind seine Behauptungen, dass die ukrainischen Behörden einen ‚Völkermord‘ begehen“.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, der selbst jüdischer Abstammung ist, beschuldigte Moskau, die Ukraine und ihre Geschichte „auslöschen“ zu wollen, und forderte Juden weltweit auf, „nicht zu schweigen“.