Heute gibt es Comedians, früher gab es das mittlerweile fast vergessene Wort Ulknudel. Wer an eine Ulknudel denkt, denkt mit großer Wahrscheinlichkeit zuerst an sie: Ingrid Steeger war die Ulknudel der Nation, geboren obendrein an einem 1. April. Doch der Scherz als Lebensinhalt, das passt nicht mit Steegers Vita zusammen.
Von Steeger dringt vor ihrem 75. Geburtstag am Freitag nur noch wenig nach außen. Zuletzt berichtete sie in der „Bild“-Zeitung im Februar vom Tod ihres Hunds Eliza. Die Schlagzeilen davor drehten sich nur um private Dramen. Steeger erlitt in den vergangenen Jahren einen Herzstillstand, brach wiederholt mit scheinbar engen Freunden, drohte aus ihrer Wohnung in München-Schwabing zu fliegen, weil diese vermüllt war. Inzwischen lebt sie zusammen mit ihrer älteren Schwester im hessischen Bad Hersfeld.
Steeger kam am 1. April 1947 als Ingrid Anita Stengert in Berlin zur Welt. Berlin war damals zerbombt, ihre Familie arm. „Wir haben zu fünft in einem Zimmer gelebt und hatten wenig zu essen“, erinnerte sie sich vor einigen Jahren in der „Zeit“.
Doch die Armut war nur das eine – die Kälte in der Familie das andere: „Ich wurde schlecht behandelt und geschlagen, habe früh sexuelle Gewalt erlebt, geliebt wurde ich sicher nicht, meine Eltern hat es nicht interessiert, was ich denke oder fühle.“ Sie habe erst im weit fortgeschrittenen Erwachsenenalter frei reden können, so eingeschüchtert sei sie aufgewachsen.
Das passt so gar nicht zu dem lebensfrohen Bild, das die Deutschen über viele Jahre von Steeger hatten. Alles schien leicht in ihrem Leben, seitdem die blonde Sekretärin mit dem üppigen Busen in den 60er Jahren von einem Fotografen entdeckt wurde. Ab 1970 wurde sie als Shootingstar der Softsexfilme jener Jahre Stammdarstellerin in den Kinos. Ob in „Die liebestollen Baronessen“ oder im „Schulmädchen-Report“ – die Steeger zog häufig blank und erlangte so Bekanntheit.
Später sagte sie, nicht mehr zu den Filmen zu stehen. Der „Emma“ sagte sie 1992, nur für Geld mitgemacht zu haben und nun Abscheu zu spüren. „Ich finde es eklig, dass da jemand an meinen Busen fasst und dass ich das für Geld getan habe – ich habe mich damals ja verkauft.“
Aber trotz der seichten Sexfilme gelang Steeger überraschend der Sprung zur Kultfigur. Regisseur Michael Pfleghar machte aus Steeger eine Kunstfigur, die Deutschland so noch nicht kannte. In der durch ihren anarchischen Humor zur Legende gewordenen Serie „Klimbim“ schaffte Steeger 1973 den Durchbruch. Millionen schalteten damals ein, wenn die „Klimbim“-Familie ein Kalauerfeuerwerk abbrannte. Mal als Göre, mal sexy spielte Steeger die „Klimbim“-Tochter Gabi und sang am Ende: „Dann mach ich mir nen Schlitz ins Kleid und find es wunderbar.“
So frei von allen Konventionen wie Steeger in „Klimbim“ spielte, so lebte sie auch. 1973 heiratete sie den Kameramann Lothar Elias Stickelbruck. Schon ein Jahr später wurde Regisseur Pfleghar ihr heimlicher Partner, bevor sie 1977 mit einem Großwildjäger nach Kenia entschwand. Es folgten viele weitere Beziehungen. Eine zweite Ehe mit Tom LaBlanc aus den USA scheiterte.
Mehrere Jahre war sie dann die Geliebte des Regisseurs Dieter Wedel. Für Steeger war dies ein zwischenzeitlicher Wendepunkt. Wedel habe ihr sehr viel Selbstbewusstsein gegeben, sagte sie. Er besetzte seine Geliebte in der Erfolgsproduktion „Der große Bellheim“. Die Serie blieb Steegers größter Fernseherfolg im seriösen Genre.
Die Affäre mit Wedel endete unglücklich, wie so viele ihrer Beziehungen und Freundschaften. Doch all dieser privaten Traurigkeiten zum Trotz – für viele Deutsche bleibt Steeger die ewige Ulknudel.