Bei dem russischen Angriff auf den Fernsehturm von Kiew sind nach ukrainischen Angaben fünf Menschen getötet worden. Fünf weitere Menschen seien bei dem Angriff am Dienstag verletzt worden, teilte der Katastrophenschutz mit. Durch den Angriff wurde die Ausstrahlung der Fernsehprogramme unterbrochen.
Der Turm steht in der Nähe der Schlucht von Babyn Jar und der Gedenkstätte an ein dort von der Wehrmacht verübtes Massaker an jüdischen Ukrainern im Zweiten Weltkrieg. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, der selbst Jude ist, prangerte an, dass die Welt schweige, während Bomben auf Babyn Jar fallen. „Wieder einmal ermorden diese Barbaren die Opfer des Holocausts“, schrieb er auf Twitter.
In der Schlucht Babyn Jar erschossen SS-Kommandos am 29. und 30. September 1941 mehr als 33.000 ukrainische Juden. Bis 1943 wurden in dem Gebiet bis zu 100.000 Menschen getötet – Juden, Roma und sowjetische Kriegsgefangene. An das Massaker erinnert eine Gedenkstatue, die für viele Juden ein Wallfahrtsort ist. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte die Gedenkstätte noch im Oktober besucht.
Nach Angaben des Kiewer Bürgermeisters Vitali Klitschko wurden bei dem Angriff auf den Fernsehturm dessen Umspannwerk, das ihn mit Strom versorgt, sowie ein Teil der technischen Ausstattung beschädigt. Die Struktur des Turms sei intakt geblieben und Reservesysteme würden in Betrieb genommen, um den Sendebetrieb wiederherzustellen, erklärte das Innenministerium.
Die meisten ukrainischen Sender schienen etwa eine Stunde nach dem Angriff wieder normal zu funktionieren.
Kurz vor dem Beschuss des Fernsehturms hatte das russische Militär Angriffe auf Gebäude der ukrainischen Sicherheitsdienste in Kiew angekündigt. Diese sollten mit Präzisionswaffen erfolgen, um Cyberangriffe auf Russland zu stoppen, sagte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow.
Die russische Armee verstärkte am Dienstag überdies den Druck auf die wichtigsten Städte der Ukraine. Satellitenbilder von einem mehr als 65 Kilometer langen russischen Militärkonvoi in der Nähe von Kiew lösten die Sorge aus, die Armee plane einen Großangriff auf die ukrainische Hauptstadt.