Korruptionsverdächtiger bulgarischer Ex-Regierungschef Borissow wieder frei

Boiko Borissow - Bild: European People's Party, CC BY 2.0, via Wikimedia Commons
Boiko Borissow - Bild: European People's Party, CC BY 2.0, via Wikimedia Commons

Nach seiner Festnahme wegen mutmaßlicher Veruntreuung von EU-Geldern ist der frühere bulgarische Regierungschef Boiko Borissow wieder auf freien Fuß gekommen. Seine Festnahme am Vorabend sei „brutal und empörend“ gewesen, sagte der 62-Jährige nach seiner Freilassung am Freitag vor Reportern. Regierungschef Kiril Petkow kritisierte die Freilassung und warf der Staatsanwaltschaft vor, den Kampf gegen die Korruption zu „sabotieren“.

Borissow war am Donnerstag im Zuge von Ermittlungen zur Veruntreuung von EU-Mitteln festgenommen worden. Laut Finanzminister Assen Wassilew steht Borissow im Verdacht, von einem Glücksspiel-Magnaten Bestechungsgelder im Gegenzug für Steuerrückzahlungen entgegengenommen zu haben. Zwei weitere Mitglieder seiner konservativen Partei, darunter auch der frühere Finanzminister Wladislaw Goranow, kamen ebenfalls wieder frei, ohne dass sie formal beschuldigt wurden.

Die Festnahme Borissows erfolgte im Rahmen einer umfassenden Polizeiaktion, die vom Innenministerium angeordnet worden war. Mit der Staatsanwaltschaft war die Aktion „aus Gründen der Dringlichkeit“ nicht abgesprochen. Auf diese Weise wollte die Regierung Generalstaatsanwalt Iwan Gueschew umgehen, der regelmäßig beschuldigt wird, die Augen vor der Korruption zu verschließen.

Ministerpräsident Petkow, der „Null Toleranz“ gegenüber Korruption angekündigt hat, verurteilte am späten Freitagabend eine „absolute Sabotage von Seiten der Staatsanwaltschaft“.

Es gebe keine unabhängige Staatsanwaltschaft, kritisierte er und kündigte an, er werde „weiter dafür kämpfen“, damit Bulgarien, ärmstes Mitglied der EU, „ein freies und normales europäisches Land“ werde. „Es gibt keine Unberührbaren mehr“, sagte der Regierungschef.

Die Staatsanwaltschaft wies die Vorwürfe zurück. Eine Sprecherin erklärte, für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens hätten die Beweise nicht gereicht.

Der Einsatz erfolgte einen Tag nach einem Besuch der Leiterin der Europäischen Staatsanwaltschaft, Laura Kövesi, in Sofia. Sie hatte die „Entschlossenheit“ der neuen Regierung im Kampf gegen die Korruption hervorgehoben und betont, es sei an der Zeit, dass die bulgarischen Behörden mit der EU-Staatsanwaltschaft bei der Aufklärung „besonders sensibler Fälle“ zusammenarbeiteten.

Laut Kövesi haben Ermittler ihrer Behörde 120 Verfahren wegen Veruntreuung von EU-Geldern in Bulgarien eröffnet, darunter Agrarhilfen, Geld für Bauprojekte und zur Abfederung der Folgen der Corona-Krise.

Die neu gegründete Anti-Korruptionspartei von Kiril Petkow hatte die Parlamentswahl im November überraschend klar gewonnen. Borissows insgesamt zehnjährige Zeit als Regierungschef war von Korruptionsvorwürfen überschattet.

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