Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) hat ein stärkeres internationales Engagement zur Abmilderung der humanitären Katastrophe in Afghanistan gefordert. „Nichthandeln können und wollen wir uns nicht leisten“, schrieb Schulze im Portal „Zeit Online“. Allerdings betonte sie auch, die Achtung der Menschenrechte sei eine zentrale Voraussetzung für eine Zusammenarbeit mit afghanischen Regierungsbehörden.
„Gerade in diesen Zeiten soll die Welt wissen, dass wir auch nach Afghanistan schauen – aus guten Gründen: Mehr als die Hälfte der afghanischen Bevölkerung hungert, darunter 13 Millionen Kinder“, schrieb Schulze. Das Bildungs- und Gesundheitswesen stehe kurz vor dem Zusammenbruch „und die Wirtschaft ist im freien Fall“.
„Es muss uns der Balanceakt gelingen, die Menschen in Afghanistan zu unterstützen, ohne dabei die De-facto-Taliban-Regierung in irgendeiner Weise zu legitimieren“, betonte Schulze. Viele Maßnahmen könnten in dem Land unabhängig von den Taliban umgesetzt werden. „Um es deutlich zu sagen: Diese Regierungsferne ist mir wie allen in der Bundesregierung wichtig, solange Afghanistan nicht über eine inklusive, legitime und als solche anerkannte Regierung verfügt“, mahnte die Ministerin.
„Nach der Machtübernahme der Taliban hatten viele im Westen verständlicherweise den Impuls: bloß raus“, schrieb Schulze weiter. „Aber nach 20 Jahren zivilem und militärischem Engagement trägt die internationale Gemeinschaft eine Verantwortung, die uns diese Art des Wegschauens verbietet.“
Einen besonderen Schwerpunkt künftigen Engagements sieht Schulze in der Stärkung von Frauen- und Mädchenrechten: „Ich stehe für eine feministische Entwicklungspolitik. Und das bedeutet für mich, dass die Frauen und Mädchen in Afghanistan nicht doppelt darunter leiden dürfen, dass die Taliban falsche Entscheidungen treffen“, hob sie hervor.
Auf einer von den Vereinten Nationen organisierten virtuellen Geberkonferenz geht es an diesem Donnerstag um internationale Hilfen für Afghanistan. Das Ziel ist, Mittel von vier Milliarden Euro zusammenzubekommen. Großbritannien hatte am Mittwoch 286 Millionen Pfund (umgerechnet 338 Millionen Euro) zugesagt.