Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat Forderungen nach einer Freilassung des zu lebenslanger Haft verurteilten Kulturförderers Osman Kavala eine Absage erteilt. Das Urteil habe „bestimmte Kreise sehr beunruhigt“, sagte Erdogan am Mittwochabend. Er betonte jedoch, dass sich alle an die Gerichtsentscheidung halten müssten. „Ob Sie das tun oder nicht, das Urteil wird vollstreckt werden.“
Kavala war am Montag wegen des Vorwurfs des versuchten Umsturzes der Regierung von einem Gericht in Istanbul zu lebenslanger Haft verurteilt worden. International wurde das Urteil scharf kritisiert, die Bundesregierung forderte die sofortige Freilassung Kavalas. Der Chefdiplomat der EU, Josep Borrell, verurteilte die Entscheidung, weil die türkische Justiz die Anordnungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zur Freilassung Kavalas ignoriert hatte. Der Gerichtshof hatte deshalb erst im Februar ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Türkei eingeleitet.
Kavala ist bereits seit mehr als vier Jahren im Hochsicherheitsgefängnis Silivri nahe Istanbul inhaftiert. Der Geschäftsmann war 2017 ursprünglich wegen des Vorwurfs festgenommen worden, die gegen die Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdogan gerichteten Gezi-Proteste in Istanbul im Jahr 2013 finanziert und organisiert zu haben.
Im Februar 2020 sprach ein Gericht ihn von diesem Vorwurf frei. Kavala wurde damals aus der Haft entlassen, jedoch wenige Stunden später erneut festgenommen – diesmal im Zusammenhang mit dem Putschversuch gegen Erdogan im Jahr 2016 und wegen Spionagevorwürfen. Kavala weist die Anschuldigungen zurück.