Mit einem Appell an die internationale Gemeinschaft, entschlossen auf Fluchtbewegungen in aller Welt zu reagieren, hat Papst Franziskus seinen Besuch in Malta begonnen. „Die Ausweitung der Notsituation der Migration – man denke nur an die Flüchtlinge aus der gepeinigten Ukraine – verlangt nach umfassenden, gemeinsamen Antworten“, sagte er. Ohne den russischen Staatschef Wladimir Putin beim Namen zu nennen, kritisierte der Pontifex den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine scharf.
„Und während wieder einmal einige wenige Mächtige, die leider in den anachronistischen Forderungen nationalistischer Interessen gefangen sind, Konflikte provozieren und schüren, verspüren die einfachen Menschen das Bedürfnis, eine Zukunft zu gestalten, die entweder gemeinsam sein wird oder gar nicht sein wird“, sagte das Oberhaupt der katholischen Kirche in einer Rede im Präsidentenpalast in Valetta.
Es brauche Alternativen „zur niederträchtigen Logik der Macht, die zum Krieg führt“, sagte Franziskus. „Was wir brauchen, sind Mitgefühl und Fürsorge, nicht ideologische Visionen und Populismus, die sich aus Worten des Hasses speisen und denen am konkreten Leben der Menschen, der einfachen Leute, nichts liegt.“ Angesichts „der infantilen und zerstörerischen Aggression“ drohe die „Gefahr eines ‚erweiterten kalten Krieges‘, der das Leben ganzer Völker und Generationen ersticken könnte“.
Der Papst beklagte, dass viele wichtige Themen „wie der Kampf gegen Hunger und Ungleichheit“ von den politischen Agenden „faktisch verdrängt worden“. Daher müsse es nun endlich ein gemeinsames Handeln geben. Es sei „nicht möglich, dass sich einige Länder das gesamte Problem aufbürden, während die anderen Länder in der Gleichgültigkeit verharren.“
Der 85-jährige Pontifex hält sich seit Samstag zu einem zweitägigen Besuch in Malta auf. Das kleine EU-Land ist jedes Jahr das Ziel von tausenden Migranten, die von Nordafrika aus die gefährliche Reise über das Mittelmeer nach Europa antreten. Ursprünglich wollte Franziskus die zwischen Sizilien und Tunesien gelegene Mittelmeerinsel schon im Mai 2020 besuchen, wegen der Corona-Pandemie wurde die Reise damals abgesagt.
Der Papst will am Sonntag auch Migranten treffen – in einem 1971 von einem Franziskaner-Mönch gegründeten Zentrum in Hal Far. Dort leben derzeit 55 junge Migranten aus Afrika. Die Betreiber bereiten sich aber auch auf die Ankunft von Flüchtlingen aus der Ukraine vor. Am Sonntag steht zudem ein Gottesdienst des Pontifex in Floriana nahe Valetta auf dem Programm, zu dem zehntausende Gläubige erwartet werden.
In seiner Rede stellte der Papst außerdem die Tugenden „Ehrlichkeit, Gerechtigkeit, Pflichtbewusstsein und Transparenz“ der „Illegalität und Korruption“ gegenüber. Malta stützt einen Teil seines wirtschaftlichen Wohlstands auf Online-Glücksspiele, Offshore-Firmen und die umstrittenen „goldenen Pässe“, die reichen Investoren einen Wohnsitz oder die Staatsangehörigkeit verleihen. Der Mord an der Journalistin Daphne Caruana Galizia, die über Korruptionsskandale berichtet hatte, sorgte 2017 auch international für Empörung.
Während seines Besuchs hinkte der Papst deutlich. Das Flugzeug bestieg der Argentinier in Rom mithilfe eines Behindertenlifts, ebenso verließ er es wieder in Luqa. Der 85-Jährige leidet unter Schmerzen am Ischiasnerv. Im vergangenen Monat hatte er eine Reise nach Florenz wegen akuter Knieschmerzen abgesagt.