Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sieht keinen Anlass für seine Partei, ihre Russlandpolitik der vergangenen Jahre selbstkritisch aufzuarbeiten. „Seit Adenauers Zeiten gibt es diese verfälschenden und verleumderischen Darstellungen der Europa- und Russlandpolitik der SPD, das ärgert mich“, sagt Scholz in einem am Freitag veröffentlichten Gespräch mit dem „Spiegel“. „Ich befürworte jede Diskussion über die künftige Politik. Aber ich weise zurück, dass die Eintrittskarte für eine Debatte eine Lüge ist.“
„Die sozialdemokratische Partei ist eine fest in das transatlantische Bündnis und den Westen eingebundene Partei, die die Vorwürfe, die da erhoben werden, nicht akzeptieren muss“, sagte Scholz. Er verwies insbesondere auf die Entspannungspolitik der SPD-Kanzler Willy Brandt und Helmut Schmidt. Diese habe es „erst möglich gemacht hat, dass der Eiserne Vorhang verschwindet, dass viele Länder Osteuropas die Demokratie gewinnen konnten und dass wir heute in der Europäischen Union vereint sind“.
„Es war immer eine Politik, die auf eine starke Bundeswehr und die Eingebundenheit in den Westen gesetzt hat“, betonte Scholz. „Das ist die Tradition, für die ich stehe.“
Er selbst habe sich ohnehin in seiner Sicht auf Russland „schon länger von kritischen Stimmen beeindrucken lassen“ und viele Bücher dazu gelesen, sagte der Kanzler. „Das hat meine Überzeugung geprägt, dass Russland den Weg zur Autokratie schon lange beschritten hat.“