Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) will die umstrittene Fracking-Technologie zur Gasgewinnung in Deutschland „ergebnisoffen prüfen“. „Die Amerikaner haben sich durch Fracking vom Nahen Osten völlig unabhängig gemacht“, sagte der CSU-Chef den Zeitungen der Funke Mediengruppe vom Sonntag. „Wir müssen ergebnisoffen prüfen, was geht und sinnvoll ist. Verbote könnte man aufheben. Wir haben als Volksvertreter sogar die verfassungsmäßige Pflicht, in solch außergewöhnlichen Krisenzeiten alle Optionen unvoreingenommen im Blick zu haben.“
Wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine wird in der EU intensiv über den Stopp von Energielieferungen aus Russland debattiert. Söder sagte, für russisches Gas brauche Deutschland „möglichst breite Ersatzkapazitäten – nicht nur amerikanisches Flüssiggas, das natürlich teurer ist als das russische“. Deutschland müsse sich auch in der Golfregion und bei europäischen Partnern umsehen. „Und wir müssen die Erschließung eigener Kapazitäten prüfen“, forderte Söder. „Wir dürfen Öl- und Gasgewinnung aus vorhandenen Kapazitäten in Deutschland nicht völlig ausschließen.“
Zugleich forderte Söder den Weiterbetrieb von fünf Deutschen Atomkraftwerken. „Es ist ein schwerer ideologischer Fehler, die drei vorhandenen Kernkraftwerke zum Jahresende abzuschalten. Sie liefern Strom für zehn Millionen Haushalte“, sagte der bayerische Ministerpräsident. „Wir sollten fünf Kernkraftwerke für fünf weitere Jahre laufen lassen, um genügend Zeit zu haben, die ehrgeizigen Ziele für die erneuerbaren Energien umzusetzen.“
Der CSU-Chef äußerte Zweifel an der Einschätzung von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), wonach ein lückenloser Weiterbetrieb der deutschen Atommeiler nicht möglich wäre. „Das scheint mir eine ideologisch motivierte Position zu sein“, sagte Söder. „Wir haben die Betreiber und die Aufsichtsbehörden befragt, und die sagen eindeutig, dass es geht. Wenn wir uns ohne Schäden für die deutsche Wirtschaft unabhängig machen wollen von russischer Energie, dann brauchen wir die Kernkraft leider noch eine Weile als Brücke.“