Die Ukraine will nach Angaben ihres Energieministers zur Verringerung der europäischen Abhängigkeit von Russland zukünftig Gas und Wasserstoff in erheblichem Umfang liefern, fordert zunächst aber ein Energie-Embargo gegen Russland. Wegen des Krieges in seiner Heimat seien jetzt erst einmal „umfassende Energiesanktionen“ gegen Russland notwendig, sagte der ukrainische Energieminister German Galuschtschenko dem „Tagesspiegel“. Damit solle Russland das Geld für eine Fortsetzung seines Angriffskrieges entzogen werden.
„Deshalb fordern wir, dass es einen Mechanismus geben sollte, der sie daran hindert, Geld zu erhalten, bevor sie ukrainischen Boden verlassen haben“, sagte Galuschtschenko mit Blick auf die russischen Gegner. Die ukrainische Regierung schlage vor, einen Fonds unter westlicher Aufsicht einzurichten, „in den die Erlöse eingezahlt werden und der das Geld aus den Rohstoffverkäufen so lange behält, bis Russland den Krieg stoppt“.
Nach einem Ende des Krieges biete der Export von Wasserstoff in andere europäische Länder seinem Land „Perspektiven und Wachstumsmöglichkeiten“, sagte der Energieminister. Ukrainische Atomkraftwerke produzierten bereits Wasserstoff in kleinen Mengen – „und wir bauen gerade eine größere H2-Anlage. Technologisch ist das sehr gut machbar.“ Schwieriger sei es, das Erdgas-Pipelinesystem für den Wasserstoff-Transport aufzurüsten, „aber mit großen Investitionen ist auch das möglich“.
Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) setzt auf eine große Wasserstoff-Initiative, um den Treibhausgasausstoß in Deutschland zu verringern. Galuschtschenko nannte es im „Tagesspiegel“ „wirklich hilfreich und wichtig, dass Europa die Tür für nuklearen Wasserstoff nicht vor unserer Nase zuschlägt“. Sogenannter gelber Wasserstoff könne ein wichtiger Baustein sein, um Europas Energiesicherheit zu gewährleisten.
„In den letzten Wochen sollte jedem in Europa klar geworden sein, dass diese Sicherheit keine Selbstverständlichkeit ist“, betonte ukrainische der Minister. Sein Land investiere aber auch in erneuerbare Energien. „Vor allem in unserem sonnigen Süden haben wir bereits erhebliche Solarkapazitäten aufgebaut“, sagte Galuschtschenko. Die Ukraine habe „ein großes Potenzial für die Stromerzeugung aus Biomasse, Biogas und Wasserkraft“ und könne zudem ihre Gasförderung deutlich ausbauen.
Seinem Land lägen „verlässliche Zahlen über das Potenzial von zwei Offshore-Gasfeldern“ mit einem Volumen von 350 Milliarden Kubikmetern und 500 Milliarden Kubikmetern vor, sagte Galuschtschenko. „Das sind also sehr große Vorkommen, und wir freuen uns darauf, sie nach dem Krieg zu nutzen, um den Ausfall russischen Gases auszugleichen – für uns, aber auch für den Rest Europas.“
Deutschland will trotz des russischen Angriffskrieges vorerst nicht auf Energielieferungen aus Russland verzichten. Die Bundesregierung beharrt aber darauf, die Energielieferungen in Euro zu bezahlen und nicht in Rubel.