Das Robert-Koch-Institut (RKI) geht nach den Worten seines Präsidenten Lothar Wieler davon aus, dass die Zahl der Corona-Fälle in Deutschland weitaus höher ist als offiziell erfasst. „Wir haben gesehen über die letzten zwei Jahre, dass die Untererfassung immer so ungefähr um Faktor zwei ist“, sagte Wieler am Freitag in Berlin. „Das hieße also, wir gehen von mindestens mal doppelt so vielen Infektionen aus.“
In der aktuellen Corona-Welle, ausgelöst durch die besonders ansteckende Omikron-Variante, sei die Dunkelziffer vermutlich noch höher. Die Infektionszahlen seien so hoch gestiegen, dass „das einfach nicht mehr zu händeln ist“, sagte Wieler zur Begründung.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) warb angesichts der weiterhin hohen Infektionszahlen dafür, dass die Länder mehr von der im Infektionsschutzgesetz vorgesehenen Hotspot-Regelung Gebrauch machen. „Aus meiner Sicht könnte ja die Hotspot-Regelung viel mehr genutzt werden“, sagte er während der gemeinsamen Pressekonferenz mit Wieler. Er verwies insbesondere auf die Lage in bestimmten Städten, in denen es in den Krankenhäusern bereits deutliche Probleme gebe.
Lauterbach warnte außerdem davor, die Zahl der aktuell 200 bis 300 Corona-Todesfälle am Tag auszublenden. In der Bevölkerung scheine es zu diesem Punkt eine „gewisse Abstumpfung“ zu geben. Man habe sich offenbar „ein Stück weit an diese Totenzahlen gewöhnt“. Er könne das nicht akzeptieren, betonte Lauterbach. „Was auf jeden Fall nicht stattfinden wird, ist, dass man eine Corona-Politik macht, die danach geht, woran sich die Bevölkerung gewöhnt hat“, versicherte er. „Sondern wir müssen die Bevölkerung schützen.“