Die Zahl der Straftaten hat im vergangenen Jahr mit knapp über fünf Millionen Delikten einen neuen Tiefstand erreicht. Das entspreche einem Rückgang um 4,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) bei der Vorstellung der Kriminalstatistik für 2021 am Dienstag in Berlin. Gestiegen seien aber die Fallzahlen bei sexualisierter Gewalt gegen Kinder – „ein besonders dunkler Schatten“.
Die Aufklärungsquote von 58,7 Prozent liege insgesamt auf einem neuen Höchstwert, sagte Faeser. Die Zahl der Diebstähle sei um rund zwölf Prozent und die der Wohnungseinbrüche um fast 28 Prozent gesunken. Auch Raubstraftaten gingen demnach um rund elf Prozent zurück, Straftaten gegen das Waffengesetz um zwölfeinhalb Prozent. „Es zahlt sich jetzt aus, dass die Polizei in Bund und Ländern in den letzten Jahren personell gestärkt wurde“, sagte Faeser. „Wir sind ein sehr sicheres Land und ein starker Rechtsstaat.“
Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Bayerns Ressortchef Joachim Herrmann (CSU), sieht eine Ursache der gesunkenen Zahl von Straftaten auch in den Auswirkungen der Corona-Pandemie. So seien zeitweilig Geschäfte geschlossen gewesen, was Ladendiebstähle unmöglich machte. Zudem hätten sich viele Menschen im Homeoffice befunden, was Einbrecher abgehalten habe, sagte Herrmann in Berlin.
Faeser verwies aber auch auf die Schattenseiten. Dazu zähle das „entsetzliche Ausmaß“ von sexuellem Missbrauch an Kindern. Laut Statistik haben sich die Fallzahlen bei der Verbreitung von Kinderpornografie mehr als verdoppelt. Das liege auch daran, dass mehr Taten entdeckt worden seien, sagte Faeser. Dies solle aber keine Relativierung sein – Kinder zu schützen habe höchste Priorität.
„Diese Entwicklung müssen wir stoppen“, sagte die Bundesinnenministerin. Sie kündigte die weitere Verstärkung der in dem Bereich ermittelnden Teams an. Die Auswertung entsprechender Daten solle auch durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz verbessert werden.
Viele Hinweise zu Kinderpornografie kämen aus den USA, erklärte der Präsident des Bundeskriminalamts, Holger Münch. Schritt für Schritt sei das wahre Ausmaß der Kriminalität zu erkennen. Es sei jetzt schon vorherzusehen, dass die erfassten Fälle weiter steigen würden. In Europa seien soziale Netzwerke dagegen noch nicht zur Mitarbeit verpflichtet.
Herrmann fügte hinzu, dass auch die Justiz sich stärker spezialisiere und es in seinem Bundesland inzwischen Justizbeamte gebe, die sich auf den Bereich Kinderpornografie spezialisiert hätten.
Auch die Fälle von Cyberkriminalität nahmen um 12,1 Prozent zu. Münch sprach in dem Zusammenhang von einer „strukturellen Veränderung“ der Kriminalität, die sich in der Pandemie noch einmal beschleunigt habe. Im Gegensatz etwa zu Diebstählen oder Einbrüchen werde Cyberkriminalität nur extrem selten angezeigt. Hier müssten Kapazitäten ausgebaut werden, forderte Münch. „Wir werden große Anstrengungen unternehmen müssen, um Schritt zu halten.“
In der Pandemie sei es bei Protesten gegen die Schutzmaßnahmen zu Ausschreitungen „bis hin zu exzessiver Gewalt“ gegen Polizisten, Journalisten und Politiker gekommen, sagte Faeser. Diese sowie die Angriffe auf Impfzentren seien „durch nichts zu rechtfertigen“. So habe sich die Zahl der Angriffe auf Vollstreckungsbeamte um sechs Prozent erhöht.
„Die seit Jahren anhaltende Erosion des Miteinander hierzulande manifestiert sich im respektlosen, oft feindseligen und teils hoch aggressiven Umgang mit den Vertreterinnen und Vertretern des Staats“, erklärte dazu der stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Jörg Radek.
Im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg verzeichnen die Behörden derzeit etwa 200 Straftaten pro Woche, die sich mehrheitlich gegen russischstämmige Bürgerinnen und Bürger richteten, sagte Münch. Insgesamt neun Sexualdelikte gegen geflüchtete Ukrainerinnen seien erfasst, sechs davon in Sammelunterkünften und zwei in privaten Unterkünften. Die Zahl der verdächtigen Ansprachen dieser Frauen an Bahnhöfen oder im Zug gehe auch dank der Polizeipräsenz zurück.