Das EU-Parlament hat sich für eine Reform der Europawahlen mit europaweit wählbaren Kandidaten stark gemacht. Eine Mehrheit der Abgeordneten stimmte am Dienstag in Straßburg für eine entsprechende Gesetzesinitiative. Zudem soll eine 3,5-Prozent-Hürde eingeführt werden, die das Aus für deutsche Kleinparteien wie Die Partei bedeuten könnte.
Nach dem Vorschlag des Europaparlaments sollen zusätzlich zu den den bisherigen 705 Abgeordneten auf sogenannten transnationalen Listen 28 Abgeordnete gewählt werden können. Sie stünden erstmals nicht nur in einem Land, sondern in allen Mitgliedsländern zur Wahl. Zudem sollen die Europawahlen in allen 27 Mitgliedsländern am selben Tag, dem 9. Mai, stattfinden. „Eine umfassende Wahlreform könnte die EU weiter demokratisieren“, erklärte die SPD-Europaabgeordnete Gaby Bischoff.
Darüber hinaus stimmten die Abgeordneten für eine Sperrklausel von 3,5 Prozent, die Parteien erreichen müssen, um es ins EU-Parlament zu schaffen. Von den deutschen in der EU-Volksvertretung vertretenen Parteien hatten sich besonders die CDU und SPD für die Einführung einer Prozenthürde stark gemacht. Bislang im EU-Parlament vertretene kleine Parteien wie Die Partei oder die Piraten wären dann nicht mehr dabei.
Es gebe „kein stichhaltiges Argument“ für eine solche Sperrklausel, bemängelte der Abgeordnete der europafreundlichen Reformpartei Volt, Damian Boeselager, in Straßburg. Der Grünen-Abgeordnete Rasmus Andresen warf CDU und CSU vor, sich für die Sperrklausel eingesetzt zu haben, „um Kleinparteien wie Volt oder die Piraten aus dem politischen Diskurs rauszuhalten“.
Der Europaabgeordnete der Satirepartei Die Partei, Martin Sonneborn, kritisierte, die Reform greife „vor allem das Grundgesetz und das Bundesverfassungsgericht an“. Die Verfassungsrichter hatten 2011 und 2014 eine solche Sperrklausel in Deutschland für die EU-Wahlen gekippt. Sollte der Vorstoß des EU-Parlaments Erfolg haben, könnte sich das Bundesverfassungsgericht ein weiteres Mal mit dem Thema befassen.
Auch die Ampel-Koalition hat in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, sich des Themas Prozenthürde bei den Europawahlen anzunehmen: Sie will dem Koalitionsvertrag zufolge dem „Direktwahlakt aus 2018“ zustimmen, wenn sich die EU „bis zum Sommer 2022“ nicht auf den neuen Wahlakt einigen kann. 2018 hatten sich die Mitgliedstaaten nämlich bereits auf eine Reform der Europawahlen inklusive Prozenthürde geeinigt.
Allerdings hätten alle Mitgliedstaaten diese Reform ratifizieren müssen, was Deutschland bislang nicht tat. Laut dem Koalitionsvertrag soll nun entweder dies geschehen, oder der neue Reformvorstoß abgewartet werden. Ob dies vor der nächsten Europawahl im Jahr 2024 eine Chance hat, ist jedoch offen. Auch ist noch nicht sicher, dass die 27 Mitgliedstaaten dem jetzigen Reformvorstoß des EU-Parlaments zustimmen werden.