Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat UN-Generalsekretär António Guterres aufgerufen, das Leben der im Asow-Stahlwerk in Mariupol festsitzenden Verletzten zu retten und bei ihrer Evakuierung zu helfen. „Das Leben der Menschen, die noch dort sind, ist in Gefahr. Alle sind für uns wichtig“, sagte Selenskyj am Mittwoch in einem Telefongespräch mit Guterres.
Den Vereinten Nationen und dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) war es in den vergangenen Tagen in einem fünftägigen Evakuierungseinsatz gelungen, mehr als hundert Zivilisten aus dem Stahlwerk zu retten.
Bürgermeister Wadym Boitschenko berichtete von anhaltenden heftigen Kämpfen um das Stahlwerk. Der Kontakt zu den dort verschanzten ukrainischen Soldaten sei abgebrochen. Laut Bürgermeister Boitschenko befinden sich noch etwa 200 Zivilisten auf dem Gelände des Asow-Stahlwerks.
Die stellvertretende ukrainische Ministerpräsidentin Iryna Wereschtschuk berichtete im Onlinedienst Telegram, am Mittwoch seien insgesamt 334 Menschen aus Mariupol und Umgebung gerettet worden. „Das ist ein weiterer kleiner Sieg für uns“, schrieb Wereschtschuk.
Das in dem Werk verschanzte Asow-Regiment hatte der russischen Armee am Dienstag vorgeworfen, einen Großangriff mit Bodentruppen und Panzern auf die Anlage gestartet zu haben. Moskau wies die Berichte über eine Erstürmung zurück.
Russland kündigte derweil eine dreitägige Feuerpause zur Evakuierung von Zivilisten aus dem Asow-Stahlwerk im südukrainischen Mariupol an. Die russischen Streitkräfte würden am Donnerstag, Freitag und Samstag jeweils von 08.00 bis 18.00 Uhr (07.00 – 17.00 Uhr MESZ) Fluchtkorridore für Zivilisten aus dem Industriekomplex öffnen, kündigte das russische Verteidigungsministerium an. In dieser Zeit würden „alle Feindseligkeiten einseitig“ eingestellt. Die Zivilisten könnten nach Russland oder in die ukrainisch kontrollierten Gebiete reisen.
Mariupol ist nach wochenlanger russischer Belagerung und Angriffen weitgehend zerstört, das Stahlwerk ist der letzte Rückzugsort ukrainischer Soldaten in der strategisch wichtigen Hafenstadt. Nach ukrainischen Angaben sitzen noch zahlreiche Zivilisten sowie hunderte verletzte Soldaten in ausgedehnten Tunnelanlagen auf dem Werksgelände fest.