So passen sich Pflanzen Stickstoffmangel an

Symbolbild: Pflanze im Erdreich
Symbolbild: Pflanze im Erdreich

Stickstoff kann als Dünger Erträge steigern. Ein Zuviel hat aber auch negative Auswirkungen: etwa durch Belastungen des Grundwassers, einen hohen Energieaufwand bei der Dünger-Produktion und die Erzeugung klimarelevanter Gase. Die Wissenschaft sucht deshalb nach Wegen, wie Kulturpflanzen mit weniger Stickstoff auskommen.

Forschende der Universität Bonn haben nun Genvarianten des Nitratsensors „NPF2.12“ entdeckt, die bei niedrigen Stickstoffgehalten im Boden eine Signalkette auslösen. Dadurch wird ein stärkeres Wurzelwachstum induziert, und die Pflanzen verbessern die Stickstoffverwertung.

Eine Vielzahl an Weizen- und Gerstengenotypen untersucht

„Wir haben eine große Anzahl von Weizen- und Gerstengenotypen unter verschiedenen Stickstoffversorgungsbedingungen untersucht und ihre Wurzelarchitektur und die Anreicherung von Stickstoff in den Pflanzen analysiert“, sagt Nurealam Siddiqui von der Pflanzenzüchtung am Institut für Nutzpflanzenwissenschaften und Ressourcenschutz (INRES) der Universität Bonn. Die Forschenden untersuchten insgesamt mehr als 220 unterschiedliche Weizen- und Gerstensorten aus dem letzten halben Jahrhundert der Pflanzenzüchtung. „Die untersuchten Weizensorten wurden so ausgewählt, dass sie die Züchtungsgeschichte der letzten 60 Jahre abdecken“, erläutert Jens Léon.

Auf dem Campus Klein-Altendorf der Universität Bonn untersuchten die Forschenden diese sehr unterschiedlichen Sorten jeweils auf Versuchsflächen mit hohen Stickstoffgehalten und zum Vergleich auf Flächen mit geringer Stickstoffapplikation. Anschließend analysierte das Team unter anderem jeweils die Wurzelmerkmale sowie die Stickstoffgehalte der Blätter und Körner und führte genomweite genetische Analysen durch, um Wechselbeziehungen zwischen DNA-Sequenzen und den entsprechenden Merkmalen zu finden, erklärt Léon weiter.

Mehr Wurzeln holen mehr Stickstoff aus dem Boden

Bei der Auswertung stießen die Wissenschaftler auf „NPF2.12“. Bestimmte Varianten dieses Gens führten dazu, dass bei schlechter Stickstoffversorgung im Boden die Pflanzen größere Wurzelsysteme ausbildeten. „Wahrscheinlich fungiert das Gen beziehungsweise das von ihm kodierte Protein als Sensor, der bei geringen Stickstoffgehalten im Boden abgeschaltet werden muss, um indirekt über eine Signalkette den Botenstoff Stickstoffmonoxid zu erhöhen, der wiederum zu vermehrtem Wurzelwachstum führt und dadurch die Stickstoffverwertung verbessert“, sagt Agim Ballvora.

„Unter niedrigen Stickstoffbedingungen und in Anwesenheit bestimmter Varianten des ‚NPF2.12‘-Gens ist ein erhöhter Stickstoffgehalt in Blättern und Körnern feststellbar“, sagt Ballvora. Die Erträge dieser Sorten nehmen somit auch unter widrigen Bedingungen zu, ergänzt Siddiqui.

Varianten des Nitratsensors „NPF2.12“ helfen bei der Stickstoffverwertung

Dass „NPF2.12“ dafür tatsächlich verantwortlich ist, wiesen die Forschenden im Labor und Gewächshaus nach: Weizenpflanzen mit einem Defekt im „NPF2.12“ Gen, wurden analysiert. Bei schlechter Stickstoffversorgung verhielten sich entsprechende „NPF2.12“-Linien wie Sorten, die von Haus aus über die hilfreiche Genvariante verfügen. „Diese Ergebnisse zeigen, dass ‚NPF2.12‘ ein Negativregulator ist, dessen verringerte Expression in entsprechenden Sorten durch einen ausgeklügelten Mechanismus zu mehr Wurzelwachstum und höheren Stickstoff-Gehalten im Spross führt“, erklärt Gabriel Schaaf.

„Ein besseres Verständnis der genetischen und molekularen Funktion der Stickstoff-Sensorik wird die Züchtung von Sorten mit verbesserter Stickstoff-Nutzungseffizienz beschleunigen“, blickt Ballvora in die Zukunft. Hierfür müssten aber die einzelnen Schritte der Signalkette des Sensors „NPF2.12“, die bei Stickstoffmangel zu einem stärkeren Wurzelwachstum führen, noch besser verstanden werden. Die Forschungen hierzu sind demnach noch in den Kinderschuhen.

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