So viel Starpower ist selten bei einem Prozess. Als Hauptdarsteller: Hollywood-Star Johnny Depp und seine Ex-Frau Amber Heard, die sich nach ihrer vergifteten Scheidung gegenseitig Verleumdung vorwerfen. Als Zeugen und prominente Nebendarsteller: Die Schauspieler James Franco und Paul Bettany, die Darstellerin Ellen Barkin und der reichste Mensch der Welt höchstpersönlich, Tesla-Gründer Elon Musk.
In dem Gerichtssaal in Fairfax nahe der US-Hauptstadt Washington wird sich also von Montag an großes Kino abspielen. Da erscheint es nur folgerichtig, dass Richterin Penney Azcarate Kameras und eine Live-Übertragung zugelassen hat.
Der Prozess dreht sich um einen Beitrag, den Heard Ende 2018 in der „Washington Post“ veröffentlicht hatte. Die Anfang 2017 nach turbulenter Ehe von Depp geschiedene Schauspielerin bezeichnete sich darin als Opfer von „häuslichem Missbrauch“. In der Überschrift stand zudem, sie habe sich gegen „sexuelle Gewalt“ ausgesprochen.
Ihren Ex-Mann nannte sie zwar nicht namentlich; der aus Filmen wie „Der Fluch der Karibik“ und „Edward mit den Scherenhänden“ bekannte Darsteller verklagte die heute 35-Jährige aber trotzdem. Der 58-Jährige wirft ihr vor, ihn implizit als gewalttätigen Ehemann dargestellt zu haben, und verlangt 50 Millionen Dollar (rund 46 Millionen Euro) Schadenersatz. Die Vorwürfe seien „kategorisch und nachweislich falsch“, heißt es in der Klage.
Heard ging zum Gegenangriff über und verklagte Depp auf 100 Millionen Dollar. Sie erklärte, mit dessen Klage werde sie wieder Opfer von „Missbrauch und Schikane“.
Der nun startende Blockbuster-Prozess findet im US-Bundesstaat Virgina statt, wo die „Washington Post“ gedruckt wird. Außerdem gelten die dortigen Gesetze zu Verleumdungsvorwürfen als vorteilhafter für Kläger als in Kalifornien, wo Depp und Heard leben.
Richterin Azcarate hofft, die Auswahl der Geschworenen am Montag abhandeln zu können und dann in die eigentlichen Verhandlungen einzusteigen. Während Depp und Heard bei dem auf mehrere Wochen angelegten Prozess persönlich erscheinen dürften, werden die Aussagen der Zeugen eher über Video erwartet.
Das Verfahren ist gewissermaßen ein Remake des Prozesses im Jahr 2020, den Depp gegen die britische Boulevardzeitung „The Sun“ angestrengt hatte. Das Blatt hatte ihn 2018 als „Ehefrauen-Schläger“ bezeichnet.
In dem Prozess in London sagte Heard als Zeugin aus und beschuldigte Depp, sie unter dem Einfluss von Alkohol und Drogen immer wieder angegriffen zu haben. „Manche Vorfälle waren so ernst, dass ich Angst hatte, er würde mich umbringen – entweder mit Absicht oder weil er die Kontrolle verloren hatte“, erklärte die aus Filmen wie „Aquaman“ und „The Danish Girl“ bekannte Schauspielerin damals.
Depp, der Heard 2010 bei Dreharbeiten zu dem Film „The Rum Diary“ kennengelernt und 2015 geheiratet hatte, wies die Vorwürfe entschieden zurück. In Wahrheit sei seine Ex-Frau der „aggressive Teil“ in ihrer konfliktreichen Beziehung gewesen. Er bezichtigte sie zudem, während ihrer Ehe Affären mit Elon Musk und James Franco gehabt zu haben, was Heard zurückwies. In dem Prozess in London unterlag Depp. Auch seine Karriere nahm schweren Schaden.
So musste der für exzentrische Darbietungen bekannte Schauspieler seine Rolle des bösen Magiers Grindelwald in der Fantasy-Filmreihe „Phantastische Tierwesen“ aufgeben. Ironie der Geschichte und des Terminkalenders: Der dritte Teil der Reihe kommt just in der Woche des Prozessbeginns in Fairfax in die US-Kinos – natürlich ohne Depp.