Der russische Parlamentschef Wjatscheslaw Wolodin hat gefordert, russischen Kritikern des Militäreinsatzes in der Ukraine die Staatsbürgerschaft zu entziehen. „Die große Mehrheit unserer Bürger unterstützt den besonderen Militäreinsatz in der Ukraine, sie verstehen seine Notwendigkeit für die Sicherheit unseres Landes und unserer Nation“, schrieb Wolodin am Montag bei Telegram. Es gebe jedoch auch „Verräter“, denen bislang nicht die Staatsbürgerschaft entzogen werden könne. „Aber vielleicht wäre das gut“, fügte er hinzu.
Als Beispiel nannte Wolodin den Fall der Journalistin Marina Owsjannikowa, die Mitte März während einer Live-Sendung im russischen Staatsfernsehen ein Schild mit der Aufschrift „Nein zum Krieg“ in die Kamera gehalten hatte. Wie am Montag bekannt wurde, arbeitet Owsjannikowa ab sofort als freie Korrespondentin für Russland und die Ukraine für die deutsche Tageszeitung „Welt“.
Owsjannikowa werde „für ein Nato-Land arbeiten und Waffenlieferungen an ukrainische Neonazis rechtfertigen“, ebenso wie die Entsendung „ausländischer Söldner zum Kampf gegen unsere Soldaten und die Sanktionen gegen Russland“, schrieb Wolodin.
Seit Beginn der russischen Offensive in der Ukraine am 24. Februar geht der Kreml massiv gegen Oppositionelle vor. Tausende Protest-Teilnehmer wurden festgenommen, unabhängige Medien und Online-Netzwerke blockiert. Kritiker des Militäreinsatzes berichteten auch von Drohungen, etwa in Form von Schmierereien an ihren Haustüren.
Am Montag wurde der bekannte Kreml-Kritiker Wladimir Kara-Mursa nach Angaben seines Anwalts festgenommen. „Ich habe vor weniger als zehn Minuten von seiner Festnahme erfahren und werde ihn besuchen“, sagte der Anwalt Wadim Prochorow der Nachrichtenagentur Interfax.
Der Grund für Kara-Mursas Festnahme wurde zunächst nicht bekannt. Kara-Mursa hatte in den vergangenen Wochen allerdings wiederholt die russische Militärintervention in der Ukraine kritisiert. Der 40-jährige ehemalige Journalist war ein Vertrauter des im Jahr 2015 nahe des Kreml ermordeten Oppositionspolitikers Boris Nemzow und steht auch dem russischen Regierungskritiker Michail Chodorkowski nahe.
Kara-Mursa gibt an, wegen seines politischen Engagements bereits zwei Mal Opfer von Giftanschlägen geworden zu sein. Der 40-Jährige gehört zu den wenigen noch in Russland lebenden prominenten Oppositionellen.