Der britische Premierminister Boris Johnson hat in der „Partygate“-Affäre erneut um Verzeihung gebeten. Die britische Öffentlichkeit könne zurecht „etwas Besseres von ihrem Premierminister erwarten“, sagte der Regierungschef in seiner ersten Parlamentsansprache, seit vor rund einer Woche in der Affäre um illegale Feiern in Corona-Zeiten ein Bußgeld gegen ihn verhängt worden war. Die Opposition bekräftigte ihre Rücktrittsforderungen.
Er sei damals nicht davon ausgegangen, dass er etwas Falsches tue, bekräftigte Johnson. „Das war mein Fehler und ich entschuldige mich vorbehaltlos dafür.“ Gleichzeitig bekräftigte er, vor allem auch wegen des derzeitigen russischen Angriffskriegs in der Ukraine im Amt bleiben zu wollen.
Die Polizei hatte Mitte April wegen Verstößen gegen die Corona-Auflagen Bußgelder gegen Johnson, seine Ehefrau Carrie und seinen Finanzminister Rishi Sunak verhängt. Die Opposition forderte daraufhin Johnsons Rücktritt, was dieser jedoch ablehnte.
Scotland Yard hatte wegen mehrerer Partys am Regierungssitz während der Corona-Ausgangssperren in den Jahren 2020 und 2021 Ermittlungen aufgenommen. Johnson selbst war bei einigen der Feiern zugegen, hat dies schließlich zugegeben und sich dafür entschuldigt. Die Ermittlungen von Scotland Yard dauern allerdings noch an, und Johnson drohen mögliche weitere Bußgelder.
Am Donnerstag wollen die Abgeordneten gesondert darüber debattieren, ob Johnson das Unterhaus getäuscht hat, als er im Dezember bestritt, jemals gegen die Regeln verstoßen zu haben. Die wissentliche Irreführung des Parlaments ist ein Verstoß gegen den Verhaltenskodex der Regierung und wird normalerweise mit Rücktritt geahndet. Die direkte Frage, ob er das Parlament absichtlich irregeführt habe, verneinte der Premierminister am Dienstag mit Nachdruck.
Oppositionsführer Keir Starmer forderte erneut Johnsons Rücktritt. Die Unterstützung der Ukraine im Parlament sei parteiübergreifend, und jeder Nachfolger der Konservativen könnte auf diesem Gebiet Johnsons Politik fortsetzen, sagte der Labour-Chef. Er appellierte an die Tory-Abgeordneten, dafür zu sorgen, dass „Anstand, Ehrlichkeit und Integrität“ in die britische Politik zurückkehren. Der einflussreiche Vertreter von Johnsons eigener konservativer Partei, Mark Harper, sagte, der Premier sei seines Amtes nicht mehr „würdig“.
Johnson war Anfang des Jahres wegen des Skandals um die Feiern mit reichlich Alkohol in seinem Amtssitz während des Corona-Lockdowns unter immensen Druck geraten. Mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine hatte der Druck etwas nachgelassen, da die internationale Krise die „Partygate“-Affäre aus den Schlagzeilen verdrängte.
In einer landesweiten Umfrage äußern sich nun aber rund zwei Drittel der Befragten negativ über Johnson, positive Äußerungen kamen nur von 16 Prozent. „Lügner“ war dabei der am häufigsten gewählte negative Begriff.
Fazit sei, dass die Wut der Menschen über „Partygate“ nicht abgeklungen sei, kommentierte der hinter der Umfrage stehende konservative Meinungsforscher James Johnson. Viele der negativen Kommentare stammten zudem von „Leuten, die Johnson früher mochten, aber nun ihre Meinung geändert haben“.