Die ukrainische Regierung hat sich nach eigenen Angaben mit den russischen Truppen auf einen Fluchtkorridor für Zivilisten aus der umkämpften Hafenstadt Mariupol geeinigt. „Wir haben es geschafft, eine vorläufige Einigung auf einen humanitären Korridor für Frauen, Kinder und alte Menschen zu erzielen“, erklärte die stellvertretende Regierungschefin Iryna Wereschtschuk am Mittwoch im Messengerdienst Telegram.
Die Zivilisten sollen demnach in die Stadt Saporischschja gebracht werden. „Angesichts der katastrophalen Lage in Mariupol konzentrieren wir unsere Bemühungen heute in dieser Richtung“, sagte die stellvertretende Regierungschefin.
Es handelt sich um den ersten Fluchtkorridor aus Mariupol seit Samstag. Danach war keine Einigung mit den russischen Truppen erzielt worden, die ihre Angriffe im Osten der Ukraine in den vergangenen Tagen verstärkt hatten.
Seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs am 24. Februar wurden insgesamt 300.000 Ukrainer über Fluchtkorridore in Sicherheit gebracht, wie das zuständige ukrainische Ministerium am Dienstagabend mitteilte. „Seit dem Beginn des Krieges hat die ukrainische Regierung mehr als 340 humanitäre Korridore vorgeschlagen. Die (russischen) Besatzer haben rund 300 akzeptiert und de facto haben 176 wirklich funktioniert“, erklärte das Ministerium.
Die Ukraine wirft den russischen Streitkräften vor, wiederholt die Waffenruhe verletzt oder Busse für die Evakuierungen blockiert zu haben. Moskau weist dies zurück.
In Mariupol haben sich die dort noch ausharrenden ukrainischen Soldaten in einem Stahlwerk verschanzt und leisten von dort aus erbitterten Widerstand gegen die russischen Angreifer. Nach Angaben der städtischen Behörden befinden sich in den unterirdischen Anlagen der Stahlwerke auch mindestens tausend Zivilisten. Laut Regionalgouverneur Pawlo Kyrylenko hielten am Dienstag auch die Straßenkämpfe in der Stadt an.
Die Einnahme von Mariupol wäre ein wichtiger strategischer Sieg für die russische Armee im Ukraine-Krieg. Die Kontrolle über die Hafenstadt am Asowschen Meer würde Russland helfen, eine direkte Landverbindung zwischen der annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim und den von den pro-russischen Separatisten im Donbass kontrollierten Gebieten herzustellen.