Sein Mitte der 70er Jahre gewählter Künstlername ist Jahrzehnte später passender denn je: Roland Kaiser ist tatsächlich so etwas wie der Regent des deutschen Schlagers. Am Dienstag feiert der gebürtige Berliner seinen 70. Geburtstag – das Rentenalter hat er damit längst erreicht, doch von Ruhestand gibt es keine Spur.
Erst kürzlich veröffentlichte Kaiser eine neue Single, das Album dazu soll im September folgen, und im Oktober geht es auf große Jubiläumstournee. Bis Anfang 2023 will Kaiser mehr als 30 Konzerte in Deutschland, Österreich und der Schweiz geben, davor steht er bei Openairs auf der Bühne.
Kaisers Geschichte ist die eines Aufsteigers aus kleinen Verhältnissen. Nach seiner Geburt als Roland Keiler im Berliner Arbeiterstadtteil Wedding wird er von einer Pflegemutter großgezogen. Die leibliche Mutter ist mit ihren 17 Jahren nicht in der Lage, den Jungen aufzuziehen. Ein Plattenproduzent entdeckt den attraktiven jungen Mann im Alter von 22 Jahren. Keiler arbeitet in der Werbeabteilung eines Autohauses und singt abends in Kneipen und auf Hochzeiten.
Doch der Start ins professionelle Musikgeschäft verläuft schleppend. Erst 1976 gelingt ihm der erste Charterfolg mit „Verde – Frei, das heißt allein“. Nun geht es Schlag auf Schlag. 1977 veröffentlicht er seinen ersten Top-Ten-Hit „Sieben Fässer Wein“, danach „Amore Mio“ und „Schach Matt“.
Den größten Erfolg beschert ihm sein Lied „Santa Maria“ – „doch tief in ihrem Innern verborgen brannte die Sehnsucht, den Schritt zu wagen vom Mädchen bis zur Frau“. Das Lied ist stilprägend für Kaisers Musik – schmachtende Erinnerungen, große Liebe, unmissverständliche Anspielungen und das alles foxtrotttauglich.
Mögen Kritiker Kaiser bestenfalls kitschig finden, eine große und vor allem treue Fangemeinde feiert ihn um so enthusiastischer. Und auch Millionen Deutsche, die kein Kaiser-Album zu Hause haben, tanzten schon zu seinen Liedern – etwa zu „Dich zu lieben“, „Manchmal möchte ich schon mit dir“, „Sieben Fässer Wein“ oder „Joana“. Insgesamt 67 Mal trat Roland Kaiser in der ZDF-„Hitparade“ auf, kein Künstler war häufiger dort.
In den ersten Reihen von Kaisers Konzerten jubeln vor allem Frauen jeden Alters dem galanten Herrn auf der Bühne zu. Kaiser, der fast immer Krawatte und Dreiteiler trägt, ist dagegen live eher sparsam mit Bewegung und Mimik.
Über seine Musik sagt der Vater von drei Kindern aus drei Ehen: „Ich habe alle meine Charthits selbst geschrieben.“ Andere Schlagerstars wie Peter Maffay und Milva beliefert der Hobbypilot im Lauf seines Lebens ebenfalls mit Songtexten. In den 80er Jahren moderiert er zudem mehrere ZDF-Unterhaltungsshows, Anfang der 90er Jahre produziert er Fernsehsendungen.
Im Jahr 2000 erkrankt Kaiser an der Lungenkrankheit COPD und kündigt 2010 an, nicht mehr live auftreten zu können. Seine vorangegangenen Alben „Sexy“ und „Wir sind Sehnsucht“ gehören zu den bestverkauften. Doch eine Lungentransplantation verläuft erfolgreich. Nach nur wenigen Monaten gibt Kaiser sein Comeback auf der Bühne. Schon 2011 erscheint sein neues Album „Alles ist möglich“.
Er kann auch seine erstmals 2003 veranstaltete „Kaisermania“ weiterführen – ein im Mitteldeutschen Rundfunk live übertragenes Openair am Dresdner Elbufer. Statt wie sonst üblich vier finden in diesem Jahr insgesamt sechs Konzerte statt. Innerhalb 24 Stunden waren bereits mehr als 60.000 Tickets verkauft.
Mit mehr als 90 Millionen verkauften Platten gehört Kaiser zu den kommerziell erfolgreichsten deutschsprachigen Musikern. Das SPD-Mitglied wurde mit beinahe jedem Preis der Branche ausgezeichnet und bekam 2016 das Bundesverdienstkreuz. Diese höchste Ehrung in Kaisers Sammlung würdigt sein ehrenamtliches Engagement für sozial benachteiligte Menschen.
Was seine eigene Zukunft angeht, bleibt der Schlagerstar zuversichtlich. „Mein Glas ist immer halb voll – immer“, sagte er in einem Interview mit der „taz“.
