Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln

Kopfschmerzen
Kopfschmerzen

Bei Menschen, die wegen Migräne häufig Schmerzmittel einnehmen, kann sich in der Folge ein sogenannter Medikamentenübergebrauchskopfschmerz (MOH) entwickeln. Dabei handelt es sich um eine eigenständige Kopfschmerzerkrankung, deren pathophysiologischen Mechanismen nicht vollständig geklärt sind. Sie umfassen eine gestörte Schmerzmodulation, zentrale Sensibilisierung, psychologische beziehungsweise bio-behaviorale Faktoren, aber auch genetische Faktoren werden diskutiert.

Letztendlich ist aber nicht geklärt, ob die häufige Einnahme von Schmerz-und Migränemitteln zu chronischen Kopfschmerzen führt oder ob sich zunächst die Kopfschmerzen verschlechtern und die Patienten deshalb mehr Schmerz- und Migränemittel einnehmen.

MOH und die Lebensqualität

Obwohl ein MOH mit substanziellen Beeinträchtigungen und einer Reduktion der Lebensqualität assoziiert ist, wird die Diagnose zu selten gestellt – vor allem, weil die Problematik den Kopfschmerzgeplagten, aber auch vielen Ärzten nicht ausreichend bekannt ist.

Diagnose eines MOH

Für die Diagnose eines MOH muss zunächst der Zusammenhang zwischen der zu häufigen Einnahme von akuter Kopfschmerzmedikation und Chronifizierung der Kopfschmerzen aufgeklärt werden. Dies geschieht anhand von Anamnese und neurologischer Untersuchung. Man spricht von MOH, wenn bei Betroffenen mit vorbestehendem Kopfschmerz an mindestens 15 Tagen pro Monat Kopfschmerzen auftreten, die mit Schmerz- oder Migränemedikamenten behandelt werden – und dies über mehr als drei Monate lang.

Dabei kommt es häufiger beziehungsweise schneller unter Triptanen zu einem MOH als unter NSARs (beispielsweise Ibuprofen); besonders problematisch sind opiathaltige Schmerzmittel wegen eines zusätzlichen Abhängigkeitspotenzials. Weitere Risikofaktoren für einen MOH sind weibliches Geschlecht, niedriger Bildungs- oder sozialer Status, zusätzliche psychiatrische Erkrankungen wie Depression oder Angsterkrankungen, abhängiges Verhalten, wie beispielsweise Rauchen, Einnahme von Medikamenten gegen Schlafstörungen oder Beruhigungsmittel.

Problematik offen ansprechen

„Der erste Schritt ist es, an die Möglichkeit eines MOH zu denken und die Problematik anzusprechen“, erklärt Hans-Christoph Diener. „Dies kann sowohl von Behandelnden wie auch von den Betroffenen ausgehen“. Wichtig sei, dass nicht den Patienten die „Schuld“ an der Situation gegeben werde, denn meist liege das Problem in einem unzureichenden Kopfschmerz- oder Migräne-Management und nicht an einem Medikamenten-Missbrauch. Ein MOH trete in erster Linie bei ungenügender Prophylaxe von primären Kopfschmerzerkrankungen und folglich zu häufigem akutem Schmerzmittelbedarf auf, seltener dagegen bei anderen zugrunde liegenden Schmerzerkrankungen, wie chronischen Rückenschmerzen.

Was nach einer Diagnose passiert

Wenn ein MOH diagnostiziert wurde, so kann eine angemessene Behandlung in der Regel effektiv die Kopfschmerz- beziehungsweise Krankheitslast und den Schmerzmittelverbrauch reduzieren; die Erfolgsrate einer Therapie beträgt nach 6-12 Monaten etwa 50-70%, bestätigt Diener. Die Behandlung des MOH besteht in der Reduktion der Einnahmehäufigkeit der übergebrauchten akuten Schmerzmittel. Gleichzeitig wird mit einer geeigneten Kopfschmerz-Prävention begonnen, beispielsweise mit Topiramat, Amitriptylin, Botulinumtoxin oder einem monoklonalen Antikörper gegen das migräneauslösende CGRP („Calcitonin Gene-Related Peptide“). Je nach Situation kann dies ambulant, tagesklinisch oder stationär durchgeführt werden.

Leider sei oft die Gefahr eines Rückfalls vorhanden, so Diener, am größten sei sie im ersten Jahr nach dem Absetzen des auslösenden Schmerzmittels – insbesondere bei Opioid-Übergebrauch. Eine engmaschige Betreuung der Betroffenen reduziere dieses Risiko. Betont wird außerdem, dass für einen anhaltenden Erfolg ergänzend zur medikamentösen Prophylaxe auch nicht-medikamentöse Präventivmaßnahmen erfolgen müssen. Dazu gehören beispielsweise angemessene Schlaf- und Erholungszeiten, Entspannungstraining, aber auch regelmäßiger Ausdauersport und eine psychologische Betreuung.

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