Die FDP hat Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) aufgerufen, schnell attraktive Investitionsmöglichkeiten für den Bau neuer Gaskraftwerke in Deutschland zu schaffen. „Die richtigen Rahmenbedingungen für Investitionen in neue Gaskraftwerke, die perspektivisch mit klimafreundlichem Wasserstoff betrieben werden müssen“, seien „unerlässlich“ für einen Kohleausstieg „idealerweise bis 2030“, sagte FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND, Dienstagsausgaben).
„Insbesondere beim Ausbau der Erneuerbaren Energien sowie bei den für die Versorgungssicherheit notwendigen Gaskraftwerken müssen wir nun deutlich schneller vorankommen als in der Vergangenheit“, sagte er dem RND.
Köhler kritisierte in diesem Zusammenhang die Aufnahme von Atomkraft als nachhaltige Energieform in die geplante EU-Taxonomie. „Kernenergie kann aus unserer Sicht nur als nachhaltig im Sinne der Taxonomie gelten, wenn die Risiken voll am Markt versichert werden können und die Unternehmen auch für die Entsorgung des Atommülls selbst aufkommen.“
Hier bestehe im Entwurf der Kommission ebenso Nachbesserungsbedarf wie bei den aus deutscher Sicht viel wichtigeren Grenzwerten für Gaskraftwerke. „Die Taxonomie würde dem Klimaschutz einen Bärendienst erweisen, würde sie Investitionen in diese wichtige Brückentechnologie verhindern“, sagte Köhler den RND-Zeitungen.
Die Taxonomie ist eine Art Klassifizierung nachhaltiger Wirtschaftsaktivitäten und kommt einer Einstufung als förderwürdig und einer Empfehlung an Investoren gleich. Die EU-Kommission hatte ihren Vorschlag für die sogenannte Taxonomie-Verordnung am Silvesterabend an die EU-Mitgliedstaaten geschickt. Kritiker des Kommissionsvorschlages befürchten, Geld könne so in neue Atomkraftwerke statt in erneuerbare Energien fließen. Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) hat bereits ein „klares Nein“ gegen die EU-Pläne angekündigt, sieht allerdings wenig Chancen, sie noch zu verhindern.
Habeck (Grüne) will am Dienstag in Berlin eine „Eröffnungsbilanz“ zum Stand der Dinge beim Klimaschutz vorstellen. Dabei dürfte er auf die pessimistischen Prognosen eingehen, wonach die Treibhausgasemissionen im vergangenen Jahr deutlich angestiegen statt wie angestrebt weiter gesunken sind, und Gegenmaßnahmen vorstellen.
Die Bundesregierung will laut Koalitionsvertrag 2022 ein Sofortprogramm auf den Weg bringen, um dem CO2-Minderungsziel für 2030 von minus 65 Prozent im Vergleich zu 1990 näher zu kommen. Ein Schwerpunkt ist der massive Ausbau erneuerbarer Energien. Geplant ist zudem ein Umsteuern bei Industrie, Verkehr und Gebäuden. Erste Teile des Sofortprogramms will Habeck bereits bis Ende April vom Kabinett beschließen lassen.